In ipsa item catholica ecclesia magnopere curandum est, ut id teneamus, quod ubique, quod semper, quod ab omnibus creditum est.
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Dienstag, 10. Januar 2012
Inkompetenz
Bei meiner Auseinandersetzung mit dem Finanzamt habe ich mich zuletzt für die Erklärung "Inkompetenz" entschieden. Was ich erst jetzt mitbekommen habe: "Viele" Finanzämter und der Bundesfinanzhof haben die Inkompetenz bereits Ende November/Anfang Dezember selbst eingeräumt und der Politik den Schwarzen Peter zugeschoben. Die Steuergesetze seien für die Finanzämter nicht mehr verständlich/anwendbar. Da ist doch echt was faul im Staate "Bunte Republik".
Donnerstag, 3. März 2011
Christenverfolgung heute
Da bisher bedauerlicherweise nur bei Chrysostomos verlinkt hier auch der Hinweis auf das Dossier Christenverfolgung der FAZ (gedruckt am letzten Samstag WIMRE, jetzt auch online frei zugänglich).
Sonntag, 20. Februar 2011
Die Unterschreiberitis
Ich hatte noch einen sachlichen Artikel versprochen, und hier soll er kommen, bevor das nächste kranke Kind zu hüten ist (deutet sich schon mehr als nur an...). Und zwar will ich begründen, warum ich nicht unterschreibe, weder die Petition, noch das Memorandum. So ganz klar auf den Punkt bringen kann ich es noch nicht, aber ich hoffe, es wird ungefähr deutlich, worum es mir geht.
Das Memorandum hat mich gleichermaßen gelangweilt wie geärgert. Das einzig Spannende war die Frage, wieviele es von meinen geschätzten Lehrern unterschrieben haben (vier, was weniger als befürchtet waren; aber da ich Absolvent der anscheinend einzigen Fakultät bin, die geschlossen nicht unterschrieben hat, stammen die Unterschreiber allesamt aus meinem Freijahr, und ja, ich kann bei zumindest zweien gut nachvollziehen, warum sie unterschrieben haben, und sehe in diesen Gründen keinen Angriff auf meine Positionen, eher im Gegenteil; eine weitere Unterschrift hat mich schlicht gewundert und der vierte Professor gehört eigentlich nicht zu meinen geschätzten Lehrern...). Warum es mich geärgert hat, hat bereits Walter Kardinal Kasper auf den Punkt gebracht. Erfreulich ist, daß in den FAZ-Leserbriefen dazu nur mäßig polarisiert wurde, ja geradezu zustimmend die Überwindung der Spaltung in der Kirche (auch wenn sie teilweise an m.E. falscher Stelle gesehen wurde) gefordert wurde -- und zwar von Vertretern, die erkennbar "gegnerischen" Lagern zuzuordnen wären. Es geht aufwärts.
Auf der anderen Seite fühle ich mich den Anliegen der Petition durchaus verbunden. Auch freue ich mich darüber, hier einige Namen aus meinem näheren Umfeld wiederzufinden (und das nicht einmal hauptsächlich aus der Blogoezese). Und manche völlig undialogische Reaktion der "Memorandumseite" hat mich fast dazu gebracht, mit zu unterschreiben. Ich habe es letztlich aber nicht getan, weil mir bei der Reflexion über mein Unbehagen bewußt geworden ist, daß ich eine Unterschrift ekklesiologisch nicht vor mir rechtfertigen könnte.
Okay, das ist jetzt ein wenig zu geglättet formuliert und klingt nach rein persönlicher Authentizität. Nein, so banal ist es nicht, ich denke tatsächlich, daß sich in dieser Unterschreiberitis (auf beiden Seiten!) ein ekklesiologischer Irrtum ausdrückt. Wovon ich rede, ist die Anwendung politischer Mittel im innerkirchlichen Diskurs (ich brauche keinen Dialog, ein vernünftiger Diskurs -- will heißen: niemand spricht dem anderen das Recht ab, seine Meinung vertreten zu dürfen -- würde mir schon völlig ausreichen, aber das ist -- wiederum auf beiden Seiten! -- keineswegs selbstverständlich).
Als ich das erste Mal gelesen habe, Politik könne als die Technik zur Machterlangung und -erhaltung verstanden werden, war ich ernsthaft entrüstet. 13 Jahre lang wurde mir eingetrichtert, in der Demokratie könne jeder gleichermaßen seine Meinung einbringen, jede Stimme sei gleich viel wert (heute weiß ich: allenfalls gleich wenig). Zugleich lernte ich den Wert rationaler Argumente zu schätzen und den Glauben daran, das beste Argument werde sich schon durchsetzen. Tja, humanistisches Jesuitengymnasium halt.
Ja, das wäre alles sehr schön, aber die Welt, sie ist nicht so. Dort geht es darum Mehrheiten zu organisieren, Abstimmungen zu gewinnen und Interessen durchzusetzen (= Parteiführung, Stimmvieh und Lobbyarbeit). Je länger ich die Politik beobachte, um so mehr bestätigt sich ihr Verständnis als besagte Technik. Im Augenblick rede ich mir noch ein, das wäre nicht immer so gewesen. Ich kenne auch noch genug Leute, die meinen, es sei immer noch nicht so (sie werden aber immer weniger). Vielleicht liegt es daran, daß ich älter werde, an Erfahrung reife und mehr Durchblick gewinne; vielleicht liegt es auch daran, daß ich mich den falschen Einflüssen (von Metal über Telepolis bis zur FAZ) aussetze. Jedenfalls ist das mittlerweile meine Überzeugung, was Politik (wirklich) ist.
Nach einem Wort unseres Papstes ist Macht (nicht Haß) das eigentliche Gegenteil von Liebe (Joseph Ratzinger: Eschatologie – Tod und ewiges Leben; Leipzig: Benno, 1981 [DDR-Lizenzausgabe], 81). In der Kirche sollte es aber um Liebe gehen, nicht um Macht, und daher soll es keine Parteiungen geben. Daher stellt sich mir die Frage, ob uns die Unterschreiberitis nicht genau das beschert und vertieft, was sie eigentlich überwinden will, nämlich die Kirchenkrise. Dabei geht es mir nicht um die öffentliche Wirkung (Katholiken sind zerstritten), die sollte uns bei der Wahrheitssuche herzlich egal sein (und das scheint sie dem Heiligen Stuhl und den meisten Bischöfen auch zu sein), und ich will auch niemanden, der unterschrieben hat, angreifen. Ich unterstelle allen Beteiligten, sowohl den Memorandern als auch den Petitionern an sich guten Willen und ernsthafte Sorge um die Kirche (wobei wir uns eigentlich nicht um die Kirche sorgen sollten, sondern um die vielen de facto Nicht-Glaubenden, die der Kirche angehören). Und ja, ich nehme auch zur Kenntnis, das insbesondere die Initiatoren der Petition genau das hier angesprochene Problem sehen und dagegen argumentieren, es ginge nicht um Mehrheiten, sondern darum, den Bischöfen ein Zeichen zu geben, es gäbe da auch noch andere Meinungen. Wenn ich aber sehe, wie de facto ständig die Zahlen verglichen werden, komme ich doch ein wenig ins Grübeln...
Jedenfalls tragen beide Unterschriftenlisten (und auch die für so viele andere Anliegen, vom Kirchenvolksbegehren bis zur Petition zu den Ausführungsbestimmungen von Summorum Pontificum) nicht dazu bei, verschiedene Standpunkte in Austausch miteinander zu bringen, sondern sie vertiefen die Parteiungen, die im eigenen Saft schmoren. So geht es nicht weiter, denn so wird nie jemand "die andere Seite" besser zu verstehen beginnen. In der Kirche, der katholischen zumal, sollte jede Stimme zählen, egal ob sie auf breite Zustimmung stößt oder ob sie abstrus oder verzagt wirkt. Katholizität orientiert sich an der Wahrheitssuche, der Katholik sollte immer in Betracht ziehen, daß er sich auch irren könnte und niemals die volle Wahrheit erkannt haben kann, so daß er von abweichenden Erfahrungen lernen kann.
Wahrheitssuche geht eben nicht durch Organisieren von Mehrheiten, sondern durch das Zueinander von ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Gott, mit der Welt und mit anderen Menschen. Jede dieser Erfahrungen ist wichtig und sollte bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Genau das ist das Prinzip von Synodalität, von Konzilsentscheidungen: moralischer Konsens (weitgehende Einigkeit). Synodalität setzt aber voraus, daß jeder seine Meinung sagen kann und jede Meinung auch ernstgenommen wird. Dagegen ist ein Widerspruch, durch große Zahlen und Verbandsvertretungen eine Einheitlichkeit herzustellen, bei der scheinbar abseitige Meinungen unter den Tisch fallen. Jeder Katholik hat das Recht, sich an seinen Bischof oder den Papst zu wenden. Aber er sollte es niemals gegen etwas oder jemanden machen, sondern immer für die Wahrheit -- und sich der späteren Entscheidung des Hirten unterwerfen, selbst wenn sie ihm nicht passen sollte. Alles andere führt zu Entindividualisierung und Vermassung: nur noch Teil einer anonymen Masse sein.
Das Memorandum hat mich gleichermaßen gelangweilt wie geärgert. Das einzig Spannende war die Frage, wieviele es von meinen geschätzten Lehrern unterschrieben haben (vier, was weniger als befürchtet waren; aber da ich Absolvent der anscheinend einzigen Fakultät bin, die geschlossen nicht unterschrieben hat, stammen die Unterschreiber allesamt aus meinem Freijahr, und ja, ich kann bei zumindest zweien gut nachvollziehen, warum sie unterschrieben haben, und sehe in diesen Gründen keinen Angriff auf meine Positionen, eher im Gegenteil; eine weitere Unterschrift hat mich schlicht gewundert und der vierte Professor gehört eigentlich nicht zu meinen geschätzten Lehrern...). Warum es mich geärgert hat, hat bereits Walter Kardinal Kasper auf den Punkt gebracht. Erfreulich ist, daß in den FAZ-Leserbriefen dazu nur mäßig polarisiert wurde, ja geradezu zustimmend die Überwindung der Spaltung in der Kirche (auch wenn sie teilweise an m.E. falscher Stelle gesehen wurde) gefordert wurde -- und zwar von Vertretern, die erkennbar "gegnerischen" Lagern zuzuordnen wären. Es geht aufwärts.
Auf der anderen Seite fühle ich mich den Anliegen der Petition durchaus verbunden. Auch freue ich mich darüber, hier einige Namen aus meinem näheren Umfeld wiederzufinden (und das nicht einmal hauptsächlich aus der Blogoezese). Und manche völlig undialogische Reaktion der "Memorandumseite" hat mich fast dazu gebracht, mit zu unterschreiben. Ich habe es letztlich aber nicht getan, weil mir bei der Reflexion über mein Unbehagen bewußt geworden ist, daß ich eine Unterschrift ekklesiologisch nicht vor mir rechtfertigen könnte.
Okay, das ist jetzt ein wenig zu geglättet formuliert und klingt nach rein persönlicher Authentizität. Nein, so banal ist es nicht, ich denke tatsächlich, daß sich in dieser Unterschreiberitis (auf beiden Seiten!) ein ekklesiologischer Irrtum ausdrückt. Wovon ich rede, ist die Anwendung politischer Mittel im innerkirchlichen Diskurs (ich brauche keinen Dialog, ein vernünftiger Diskurs -- will heißen: niemand spricht dem anderen das Recht ab, seine Meinung vertreten zu dürfen -- würde mir schon völlig ausreichen, aber das ist -- wiederum auf beiden Seiten! -- keineswegs selbstverständlich).
Als ich das erste Mal gelesen habe, Politik könne als die Technik zur Machterlangung und -erhaltung verstanden werden, war ich ernsthaft entrüstet. 13 Jahre lang wurde mir eingetrichtert, in der Demokratie könne jeder gleichermaßen seine Meinung einbringen, jede Stimme sei gleich viel wert (heute weiß ich: allenfalls gleich wenig). Zugleich lernte ich den Wert rationaler Argumente zu schätzen und den Glauben daran, das beste Argument werde sich schon durchsetzen. Tja, humanistisches Jesuitengymnasium halt.
Ja, das wäre alles sehr schön, aber die Welt, sie ist nicht so. Dort geht es darum Mehrheiten zu organisieren, Abstimmungen zu gewinnen und Interessen durchzusetzen (= Parteiführung, Stimmvieh und Lobbyarbeit). Je länger ich die Politik beobachte, um so mehr bestätigt sich ihr Verständnis als besagte Technik. Im Augenblick rede ich mir noch ein, das wäre nicht immer so gewesen. Ich kenne auch noch genug Leute, die meinen, es sei immer noch nicht so (sie werden aber immer weniger). Vielleicht liegt es daran, daß ich älter werde, an Erfahrung reife und mehr Durchblick gewinne; vielleicht liegt es auch daran, daß ich mich den falschen Einflüssen (von Metal über Telepolis bis zur FAZ) aussetze. Jedenfalls ist das mittlerweile meine Überzeugung, was Politik (wirklich) ist.
Nach einem Wort unseres Papstes ist Macht (nicht Haß) das eigentliche Gegenteil von Liebe (Joseph Ratzinger: Eschatologie – Tod und ewiges Leben; Leipzig: Benno, 1981 [DDR-Lizenzausgabe], 81). In der Kirche sollte es aber um Liebe gehen, nicht um Macht, und daher soll es keine Parteiungen geben. Daher stellt sich mir die Frage, ob uns die Unterschreiberitis nicht genau das beschert und vertieft, was sie eigentlich überwinden will, nämlich die Kirchenkrise. Dabei geht es mir nicht um die öffentliche Wirkung (Katholiken sind zerstritten), die sollte uns bei der Wahrheitssuche herzlich egal sein (und das scheint sie dem Heiligen Stuhl und den meisten Bischöfen auch zu sein), und ich will auch niemanden, der unterschrieben hat, angreifen. Ich unterstelle allen Beteiligten, sowohl den Memorandern als auch den Petitionern an sich guten Willen und ernsthafte Sorge um die Kirche (wobei wir uns eigentlich nicht um die Kirche sorgen sollten, sondern um die vielen de facto Nicht-Glaubenden, die der Kirche angehören). Und ja, ich nehme auch zur Kenntnis, das insbesondere die Initiatoren der Petition genau das hier angesprochene Problem sehen und dagegen argumentieren, es ginge nicht um Mehrheiten, sondern darum, den Bischöfen ein Zeichen zu geben, es gäbe da auch noch andere Meinungen. Wenn ich aber sehe, wie de facto ständig die Zahlen verglichen werden, komme ich doch ein wenig ins Grübeln...
Jedenfalls tragen beide Unterschriftenlisten (und auch die für so viele andere Anliegen, vom Kirchenvolksbegehren bis zur Petition zu den Ausführungsbestimmungen von Summorum Pontificum) nicht dazu bei, verschiedene Standpunkte in Austausch miteinander zu bringen, sondern sie vertiefen die Parteiungen, die im eigenen Saft schmoren. So geht es nicht weiter, denn so wird nie jemand "die andere Seite" besser zu verstehen beginnen. In der Kirche, der katholischen zumal, sollte jede Stimme zählen, egal ob sie auf breite Zustimmung stößt oder ob sie abstrus oder verzagt wirkt. Katholizität orientiert sich an der Wahrheitssuche, der Katholik sollte immer in Betracht ziehen, daß er sich auch irren könnte und niemals die volle Wahrheit erkannt haben kann, so daß er von abweichenden Erfahrungen lernen kann.
Wahrheitssuche geht eben nicht durch Organisieren von Mehrheiten, sondern durch das Zueinander von ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Gott, mit der Welt und mit anderen Menschen. Jede dieser Erfahrungen ist wichtig und sollte bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Genau das ist das Prinzip von Synodalität, von Konzilsentscheidungen: moralischer Konsens (weitgehende Einigkeit). Synodalität setzt aber voraus, daß jeder seine Meinung sagen kann und jede Meinung auch ernstgenommen wird. Dagegen ist ein Widerspruch, durch große Zahlen und Verbandsvertretungen eine Einheitlichkeit herzustellen, bei der scheinbar abseitige Meinungen unter den Tisch fallen. Jeder Katholik hat das Recht, sich an seinen Bischof oder den Papst zu wenden. Aber er sollte es niemals gegen etwas oder jemanden machen, sondern immer für die Wahrheit -- und sich der späteren Entscheidung des Hirten unterwerfen, selbst wenn sie ihm nicht passen sollte. Alles andere führt zu Entindividualisierung und Vermassung: nur noch Teil einer anonymen Masse sein.
Sonntag, 23. Januar 2011
Expertentum im digitalen Zeitalter
In der heutigen FAZ gibt es in der Beilage Bilder und Zeiten einen interessanten Artikel von Mercedes Bunz (ja, sie heißt wohl wirklich so, auch wenn mir Google das nicht glauben wollte...) über die Folgen der "digitalen Revolution" für das menschliche Denken (Artikel online nur für Geld). Diese Frage ist ja schon vor einem Jahr etwas ausführlicher diskutiert worden, wenngleich auf sehr unterschiedlichem Niveau.
Bei Frau Bunz habe ich allerdings einen Gedanken gefunden, den ich bisher so nicht gelesen hatte, nämlich zur Funktion des Experten. Den mache das Internet nämlich keineswegs überflüssig, aber es verändere seine Funktion. Bisher zeichnete sich ein Experte dadurch aus, daß er auf einem bestimmten Gebiet mehr wußte als andere. Mit dem Internet und vor allem seiner leichten Durchsuchbarkeit mittels Google und Konsorten ist das bloße Wissen aber kein Vorteil mehr. Das kann nämlich jeder ohne große Anstrengung erlangen, wenn er nur weiß, was er sucht. Es reicht aber nicht, die bloßen Fakten zu finden, man muß sie auch einordnen und bewerten können. Genau das sei in Zukunft die Legitimation des Experten, schreibt Frau Bunz, nämlich im Informationsüberfluß den strukturellen Überblick zu behalten. Er kann sich also nicht mehr durch bloßes Faktenwissen (bösartiger gesagt: durch Herrschaftswissen) legitimieren, sondern ist der ständigen Überprüfung ausgesetzt, was sowohl die behaupteten Fakten als auch die daraus abgeleitete Plausibilität seiner Strukturierung derselben angeht.
Dieser Gedanke birgt für mich eine unmittelbare Plausibilität (oder anders gesagt: mir fallen sofort genug Fakten ein, die ich bereits weiß, die in diese Strukturierung von Wirklichkeit nahtlos einzupassen sind und zugleich durch die Struktur in einer Weise widerspruchsfrei erklärt werden können, daß aus dieser Struktur ein tatsächlicher Wissenszugewinn hervorgeht, der mehr ist als das Zusammenführen an sich bereits bekannter Daten [was in dem Artikel als der nächste Schritt der Digitalisierung dargestellt wird: Suchmaschinen, die intelligent auf Anfragen reagieren und nicht einfach auf schon vorhandene Seiten verweisen, sondern aus als verläßlich bekannten Daten durch Kombination neues "Wissen" {ich habe einen anderen Wissensbegriff als Frau Bunz} generieren, manchem vielleicht schon unter der Chiffre "Semantisches Web" oder im Kontext von Überlegungen zum "Web 3.0" über den Weg gelaufen] -- aber ich schweife ab). Unmittelbarste Bestätigung dieser Veränderung ist das Erlebnis, wie ein Redner noch während seines Vortrags per Twitterwall "auseinandergenommen" wurde und de facto der Lüge (natürlich hatte er die Wahrheit nur ein wenig "gedehnt" und andere Fakten verschwiegen) überführt wurde.
Bei genauerer Betrachtung birgt diese soziologische Struktur(ierung) aber auch einen Erklärungsansatz für das, was sich in unserer Kirche in den letzten zehn, fünfzehn Jahren entwickelt hat, im allgemeinen und die Blogoezese im besonderen. Als Experten werden im Artikel Journalisten, Ärzte, Lehrer und Ingenieure aufgezählt, wenn man hier die Ärzte durch Priester und die Ingenieure durch Theolog(ieprofessor)en ersetzt, hat man gleich die Lieblingsthemen der blogoezesanen und postmodernen (mitunter meinetwegen auch "traditionalistisch" angehauchten) "Kirchenkritiker" erfaßt: Journalisten, die Fakten in einer Weise darstellen, die es ihnen im Gegensatz zu den Fakten selbst ermöglicht, etwas gegen den Papst und die nicht-angepaßten Bestandteile der Kirche zu schreiben; Priester, die ihren eigenen liturgischen Vogel als den Heiligen Geist der Liturgiereform ausgeben; ein Religionsunterricht, in dem man alles mögliche über die Weltreligionen, aber nicht viel Substantielles über Jesus Christus (ge)lernt (hat); und Theologieprofessoren, die vor lauter Detailwissen dermaßen in ihren persönlichen Elfenbeinturm abgedriftet sind, daß natürlich alle anderen daran Schuld sind, daß ihre Vorstellungen nicht wirklichkeitskompatibel sind.
Oder anders gesagt: Das Internet könnte tatsächlich die Quelle für das Erstarken, ich sage mal vorsichtig, des papsttreuen Katholizismus in unseren Landen sein. Weil es eben prinzipiell jedem ohne großen Aufwand möglich ist, die kirchenpolitisch relevanten Grundlagentexte im Wortlaut einzusehen und somit in der Meinungsbildung nicht mehr abhängig von den Experten zu sein, die mitunter die Darstellung der Fakten an ihre vorgefertigte Struktur anpassen. Die Experten haben auch in der Kirche ihre "Gatekeeperfunktion" verloren, das bloße Wissen ist jedem zugänglich, und entscheidend ist nicht mehr, möglichst detailliert Fakten zu kennen und den Gesprächspartner durch solches Herrschaftswissen zu unterwerfen (ok, das ist jetzt zu böse formuliert, an sich will ich niemandem bewußte böse Absicht unterstellen, aber die braucht es gar nicht, bloßer Irrtum reicht vollkommen zur Erklärung aus), sondern eine dem Gegenüber plausible Deutung und Strukturierung dieses Einzelwissens anzubieten. Das aggressive Reagieren auf die "Verweigerung der Gefolgschaft", wie sie sich insbesondere in der Blogoezese manifestiert, in Form des persönliche Angriff, der Schubladisierung und des als ewig gestrig Verächtlichmachens läßt sich folglich mit dem Statusverlust erklären, der einen Experten trifft, der nur Fakten, aber keine Strukturierung anzubieten hat, und dabei gar nicht versteht bzw. verstehen kann, warum er plötzlich mit Widerspruch konfrontiert wird, wo er doch der Experte ist, der die Fakten kennt.
Leider scheint in der Theologie wie auch in den kirchlichen Strukturen noch voll das alte Expertentum zu herrschen. Ich hatte einen Professor, der aus dem Stand bis in die Details hinein das Denken eines bestimmten Theologen in einer bestimmten Monographie reproduzieren konnte, aber nicht in der Lage war, seine Vorlesungen so zu strukturieren, daß sich bei seinen Studenten aus diesen vielen Einzelaspekten eine Gesamtkonzeption hätte entwickeln können. Genauso, wenn auch nicht ganz so extrem, ging's mir übrigens mit dem "Handbuch der Dogmatik". Da stand für micht ganz viel Blabla drin, mitunter durchaus interessante Details, aber mir fehlte die Struktur, in die ich diese Details hätte einpassen können. Ganz anders in Otts angeblich nachkonziliar einfach nicht mehr zu gebrauchendem "Grundriß der Dogmatik". Hier gab es knallharte Fakten, mitunter sehr sehr knapp und gedrängt, dafür war das ganze Buch nichts anderes als Druckerschwärze gewordene Struktur; die wichtigsten Seiten dieses Buches sind die mit dem Inhaltsverzeichnis. Noch extremer übrigens in der Summa Theologiae von Thomas von Aquin, den ich genau dafür liebe, in einem einzigen Artikel soviel geballte Details abzuarbeiten, daß man über jeden Satz eine eigene Doktorarbeit schreiben könnte, aber zugleich immer die Gesamtkonzeption im Blick zu haben.
Daß mir zur Schreibweise des Thomas in seinen Summen gerade der Begriff des "Hypertextes" -- egal, wo man anfängt zu lesen, man kommt immer irgendwie zu allem, muß das Werk also nicht in der Linerarität lesen, in der es geschrieben wurde (obwohl es manchmal hülfe ;-) -- einfiel, macht es für mich nur noch plausibler, die Grundlage des Wandels im Internet zu sehen.
Nachtrag: Noch mehr Hyptertext ist der Weltkatechismus -- und gerade das ist, warum ich ihn dem deutschen Katechismus vorziehe. Beide habe ich noch nie von Deckel zu Deckel gelesen, im Weltkatechismus kann ich aber auf eine konkrete Frage schnell eine knappe Antwort finden, im deutschen würde ich mich dumm und dämlich suchen. Übrigens ist die Frage-Antwort-Form der früheren Katechismen auch eindeutig das Vorbild für die FAQs. :-)
Bei Frau Bunz habe ich allerdings einen Gedanken gefunden, den ich bisher so nicht gelesen hatte, nämlich zur Funktion des Experten. Den mache das Internet nämlich keineswegs überflüssig, aber es verändere seine Funktion. Bisher zeichnete sich ein Experte dadurch aus, daß er auf einem bestimmten Gebiet mehr wußte als andere. Mit dem Internet und vor allem seiner leichten Durchsuchbarkeit mittels Google und Konsorten ist das bloße Wissen aber kein Vorteil mehr. Das kann nämlich jeder ohne große Anstrengung erlangen, wenn er nur weiß, was er sucht. Es reicht aber nicht, die bloßen Fakten zu finden, man muß sie auch einordnen und bewerten können. Genau das sei in Zukunft die Legitimation des Experten, schreibt Frau Bunz, nämlich im Informationsüberfluß den strukturellen Überblick zu behalten. Er kann sich also nicht mehr durch bloßes Faktenwissen (bösartiger gesagt: durch Herrschaftswissen) legitimieren, sondern ist der ständigen Überprüfung ausgesetzt, was sowohl die behaupteten Fakten als auch die daraus abgeleitete Plausibilität seiner Strukturierung derselben angeht.
Dieser Gedanke birgt für mich eine unmittelbare Plausibilität (oder anders gesagt: mir fallen sofort genug Fakten ein, die ich bereits weiß, die in diese Strukturierung von Wirklichkeit nahtlos einzupassen sind und zugleich durch die Struktur in einer Weise widerspruchsfrei erklärt werden können, daß aus dieser Struktur ein tatsächlicher Wissenszugewinn hervorgeht, der mehr ist als das Zusammenführen an sich bereits bekannter Daten [was in dem Artikel als der nächste Schritt der Digitalisierung dargestellt wird: Suchmaschinen, die intelligent auf Anfragen reagieren und nicht einfach auf schon vorhandene Seiten verweisen, sondern aus als verläßlich bekannten Daten durch Kombination neues "Wissen" {ich habe einen anderen Wissensbegriff als Frau Bunz} generieren, manchem vielleicht schon unter der Chiffre "Semantisches Web" oder im Kontext von Überlegungen zum "Web 3.0" über den Weg gelaufen] -- aber ich schweife ab). Unmittelbarste Bestätigung dieser Veränderung ist das Erlebnis, wie ein Redner noch während seines Vortrags per Twitterwall "auseinandergenommen" wurde und de facto der Lüge (natürlich hatte er die Wahrheit nur ein wenig "gedehnt" und andere Fakten verschwiegen) überführt wurde.
Bei genauerer Betrachtung birgt diese soziologische Struktur(ierung) aber auch einen Erklärungsansatz für das, was sich in unserer Kirche in den letzten zehn, fünfzehn Jahren entwickelt hat, im allgemeinen und die Blogoezese im besonderen. Als Experten werden im Artikel Journalisten, Ärzte, Lehrer und Ingenieure aufgezählt, wenn man hier die Ärzte durch Priester und die Ingenieure durch Theolog(ieprofessor)en ersetzt, hat man gleich die Lieblingsthemen der blogoezesanen und postmodernen (mitunter meinetwegen auch "traditionalistisch" angehauchten) "Kirchenkritiker" erfaßt: Journalisten, die Fakten in einer Weise darstellen, die es ihnen im Gegensatz zu den Fakten selbst ermöglicht, etwas gegen den Papst und die nicht-angepaßten Bestandteile der Kirche zu schreiben; Priester, die ihren eigenen liturgischen Vogel als den Heiligen Geist der Liturgiereform ausgeben; ein Religionsunterricht, in dem man alles mögliche über die Weltreligionen, aber nicht viel Substantielles über Jesus Christus (ge)lernt (hat); und Theologieprofessoren, die vor lauter Detailwissen dermaßen in ihren persönlichen Elfenbeinturm abgedriftet sind, daß natürlich alle anderen daran Schuld sind, daß ihre Vorstellungen nicht wirklichkeitskompatibel sind.
Oder anders gesagt: Das Internet könnte tatsächlich die Quelle für das Erstarken, ich sage mal vorsichtig, des papsttreuen Katholizismus in unseren Landen sein. Weil es eben prinzipiell jedem ohne großen Aufwand möglich ist, die kirchenpolitisch relevanten Grundlagentexte im Wortlaut einzusehen und somit in der Meinungsbildung nicht mehr abhängig von den Experten zu sein, die mitunter die Darstellung der Fakten an ihre vorgefertigte Struktur anpassen. Die Experten haben auch in der Kirche ihre "Gatekeeperfunktion" verloren, das bloße Wissen ist jedem zugänglich, und entscheidend ist nicht mehr, möglichst detailliert Fakten zu kennen und den Gesprächspartner durch solches Herrschaftswissen zu unterwerfen (ok, das ist jetzt zu böse formuliert, an sich will ich niemandem bewußte böse Absicht unterstellen, aber die braucht es gar nicht, bloßer Irrtum reicht vollkommen zur Erklärung aus), sondern eine dem Gegenüber plausible Deutung und Strukturierung dieses Einzelwissens anzubieten. Das aggressive Reagieren auf die "Verweigerung der Gefolgschaft", wie sie sich insbesondere in der Blogoezese manifestiert, in Form des persönliche Angriff, der Schubladisierung und des als ewig gestrig Verächtlichmachens läßt sich folglich mit dem Statusverlust erklären, der einen Experten trifft, der nur Fakten, aber keine Strukturierung anzubieten hat, und dabei gar nicht versteht bzw. verstehen kann, warum er plötzlich mit Widerspruch konfrontiert wird, wo er doch der Experte ist, der die Fakten kennt.
Leider scheint in der Theologie wie auch in den kirchlichen Strukturen noch voll das alte Expertentum zu herrschen. Ich hatte einen Professor, der aus dem Stand bis in die Details hinein das Denken eines bestimmten Theologen in einer bestimmten Monographie reproduzieren konnte, aber nicht in der Lage war, seine Vorlesungen so zu strukturieren, daß sich bei seinen Studenten aus diesen vielen Einzelaspekten eine Gesamtkonzeption hätte entwickeln können. Genauso, wenn auch nicht ganz so extrem, ging's mir übrigens mit dem "Handbuch der Dogmatik". Da stand für micht ganz viel Blabla drin, mitunter durchaus interessante Details, aber mir fehlte die Struktur, in die ich diese Details hätte einpassen können. Ganz anders in Otts angeblich nachkonziliar einfach nicht mehr zu gebrauchendem "Grundriß der Dogmatik". Hier gab es knallharte Fakten, mitunter sehr sehr knapp und gedrängt, dafür war das ganze Buch nichts anderes als Druckerschwärze gewordene Struktur; die wichtigsten Seiten dieses Buches sind die mit dem Inhaltsverzeichnis. Noch extremer übrigens in der Summa Theologiae von Thomas von Aquin, den ich genau dafür liebe, in einem einzigen Artikel soviel geballte Details abzuarbeiten, daß man über jeden Satz eine eigene Doktorarbeit schreiben könnte, aber zugleich immer die Gesamtkonzeption im Blick zu haben.
Daß mir zur Schreibweise des Thomas in seinen Summen gerade der Begriff des "Hypertextes" -- egal, wo man anfängt zu lesen, man kommt immer irgendwie zu allem, muß das Werk also nicht in der Linerarität lesen, in der es geschrieben wurde (obwohl es manchmal hülfe ;-) -- einfiel, macht es für mich nur noch plausibler, die Grundlage des Wandels im Internet zu sehen.
Nachtrag: Noch mehr Hyptertext ist der Weltkatechismus -- und gerade das ist, warum ich ihn dem deutschen Katechismus vorziehe. Beide habe ich noch nie von Deckel zu Deckel gelesen, im Weltkatechismus kann ich aber auf eine konkrete Frage schnell eine knappe Antwort finden, im deutschen würde ich mich dumm und dämlich suchen. Übrigens ist die Frage-Antwort-Form der früheren Katechismen auch eindeutig das Vorbild für die FAQs. :-)
Montag, 13. Dezember 2010
Kompetenzkreise
Allzu viele Journalisten fallen meiner Ansicht nach leider in die Chauffeur-Kategorie. In kürzester Zeit zaubern sie Artikel zu jedem beliebigen Thema aus dem Hut oder, besser, aus dem Internet. Ihre Texte sind einseitig, kurz und -- oft als Kompensation für ihr Chaffeur-Wissen -- ironisch.
Rolf Dobelli in der heutigen FAZ, S. 30
Dienstag, 30. November 2010
Ein untergegangenes Buch
Kurzer Hinweis: In der FAZ findet sich heute auf Seite 8 ein längerer Beitrag über "Licht der Welt" von Jörg Bremer. Ein paar Auszüge:
P.S.: Wenn jemand den Beitrag kostenfrei online findet, bitte Bescheid geben!
"In einem Industriekonzern gäbe es Entlassungen, aber beim Heiligen Stuhl geht offenbar niemand. [...] Dass sich [...] der Eindruck festsetzte, in dem Buch gehe es dem Papst vor allem um eine Lockerung des Kondomverbots, war ein schiefes Licht auf das Buch. Der Papst hat seine Haltung zur Verwendung von Kondomen nicht geändert."Danach fängt der Artikel erst richtig an, bevor er schließlich zusammenfaßt:
"Doch was hilft das, wenn die Kurie diesen Büchern [des Papstes] nicht ihren gebührenden Platz einräumt. Dann muss der Papst dies wieder ausbügeln."In Kirchengeschichte habe ich gelernt, daß alle Päpste, die sich an einer Kurienreform versuchten, daran gescheitert sind. Daß es die Kirche trotzdem immer noch gibt, ist für mich fast schon ein Gottesbeweis.
P.S.: Wenn jemand den Beitrag kostenfrei online findet, bitte Bescheid geben!
Samstag, 27. November 2010
Die Revolution findet nicht statt
Liest man in der FAZ meinen Blog?! Jedenfalls ist man dort gleich auf meinen Wunsch eingegangen und hat Daniel Deckers den gestrigen Leitartikel (Freitag) über den Kondom-Satz des Papstes schreiben lassen. Dorothea wird vermutlich alles Mögliche daran auszusetzen haben, und tatsächlich kan man in einigen Punkten anderer Meinung als Deckers sein. Insbesondere der Schluß, es handele sich tatsächlich um eine Revolution und nicht nur um eine Reform, ist ein wenig sehr aus weltlicher Perspektive verfaßt, die auch sonst in Deckers Artikel immer mal wieder durchscheint, etwa wenn die kirchliche Sexualmoral und ihre Beurteilung der Empfängnisverhütung bei ihm erst mit "Humanae Vitae" zu beginnen scheint (mich hat immer gewundert, daß Dogmatik heute fast ausschließlich aus Dogmengeschichte zu bestehen scheint, Moraltheologie aber ohne ausführliche Würdigung der kirchlichen Lehrentwicklung auskommt und allenfalls mal am Rande Thomas von Aquin erwähnt). Aber, und das ist der Grund, warum ich mich über den Artikel freue, er ist sachlich, beleuchtet verschiedene Seiten der "Kondomchose" und arbeitet selbst an den Punkten, wo ich Deckers Meinung nicht teile, mit nachvollziehbaren Argumente, die immerhin eine sinnvolle Gegenargumentation ermöglichen.
Die Sachlichkeit und Differenziertheit ermöglicht es auch, einige Dinge in den Vordergrund zu stellen, die in unserer heute meist empört-aufgeregten öffentlichen Meinung zugunsten des Vorurteils, die Kirche sei unmodern, unter den Tisch fallen. Gleich zu Beginn etwa, daß die Kondomaussage so gar nicht zum (Voruteils-)Bild des dogmatistischen "Panzerkardinals" passen will. Deutet er damit an, daß manche Leute offenbar in jeder Suppe ein Haar finden wollen? Auch im folgenden Absatz räumt er zunächst ein, daß "Humanae Vitae" wie keine andere päpstliche Aussage als Zeichen für die Unvereinbarkeit von Glaube und Moderne stehe. Doch sei diese nicht nur kirchlich gesehen systemimmanent, sondern gerade "den Gebildeten unter den Verächtern der Religion sollte das nicht unsympathisch sein" -- oder anders ausgedrückt: Muß denn automatisch die Moderne im Recht sein, wenn jemand ihr gegenüber skeptisch ist? Wenn das -- als ob nicht der ganze andere Stil schon gereicht hätte! -- mal nicht ein redaktionsinterner Seitenhieb auf Geyer ist! Aber Deckers ist nicht so eindimensional, sich ein Privatgefecht mit einem Kollegen zu liefern, sondern fährt fort:
Dieses Unrecht gegen Paul VI. vergleicht Deckers mit dem aktuellen Argument, die Kirche sei schuld an der Ausbreitung von Aids, das genauso niveaulos sei (Deckers drückt das natürlich viel eloquenter und verklausulierter aus ;-). Tatsächlich stehe doch die Kirche an vorderster Front im Kampf gegen Aids, nämlich bei den Kranken und Gefährdeten, denen Hinweise, man solle doch Rote Bete und Knoblauch (Mbeki) verwenden, um sich zu schützen, genausowenig helfen, wie "das großzügige Sponsoring männlicher Promiskuität mit Großpackungen voller Gummis". Es hülfen nur "Aufklärung über die Risiken, Kampangen für die eheliche Treue, die Stärkung der Rolle der Frauen und die Sorge für Kranke und Waisen". Ist das nun radikal konservativ oder radikal links? Egal: Es ist radikal katholisch im besten Sinne dieses Wortes, und allein das auf der ersten Seite der FAZ zu lesen, entschädigt für vieles, was in den letzten Tagen zu schlucken war -- auch in der FAZ!
Danach aber geht Deckers von der Apologetik zum Angriff über, bezeichnet Passagen in "Humanae Vitae" über die Folgen der sexuellen Revolution als "fast prophetisch", und das "fast" verdankt sich eher der Kritik an einer zu schwachen Rede von der "Aufweichung der sittlichen Zucht" für das, was eigentlich nur als "durchgängige Sexualisierung des Alltags" und "erschreckende[r] Mangel an der Erziehung der Herzen" beschrieben werden könne.
Vorsichtig schließt er an, daß daraus ein unumstößliches Verbot künstlicher Methoden von Empfängnisverhütung resultiere, habe selbst die Nachdenklichsten nicht überzeugt, von den Frauen in der Kirche ganz zu schweigen. Damit hat er natürlich recht, denn dieses Verbot resultiert nicht aus dem Ideal der romantischen Liebe, sondern aus dem Recht des Kindes, kein Wunschkind sein zu müssen, sondern um seiner selbst willen und ungeplant (aber gewollt) zur Welt zu kommen, also daß sein Leben nicht von einer menschlichen Zustimmung zur Geburt abhängig ist, sondern allein von Gottes und der Menschen Liebe. Genau deshalb ist die Empfängnisverhütung (ich habe mehr Argumentationsschwierigkeiten mit der Erlaubtheit der natürlichen Methode als mit dem Verbot von Verhütungmitteln) tatsächlich der Abtreibung geistig verwandt (und dieser Konnex muß gegen Deckers' Kritik an Johannes Paul II. verteidigt werden!), denn es geht in beiden Fällen ums "Selbermachen", um den Irrtum, sein Leben selbst im Griff haben zu können und sich selbst über andere und letztlich sogar Gott zu stellen. Systematisierte man diese Einstellung als Weltanschauung, dann wäre man bei dem, was theologisch gesehen als Satanismus zu bezeichnen wäre.
Sagt man sowas aber öffentlich, wird man selbst von einem bekannten deutschen Moraltheologen im Stich gelassen, der im anschließenden privaten Gespräch von sich aus einräumt, man habe natürlich recht, aber das könne man öffentlich nun einmal nicht sagen, weil das keiner verstehe, also die Argumentationsbasis und Überzeugungskraft schmälere. Aber, verdammt nochmal!, was soll man denn sonst sagen? Soll ich Argumente einführen und vertreten, die ich selbst nicht nachvollziehen kann? Wie soll ich dann einen anderen überzeugen?! Und sei es nur, daß mein Gegenüber einräumte, er teile diese Auffassung nicht, aber er sehe zumindest, daß die katholische Position in sich konsistent sei, wie ich mal nachts um drei nach stundenlanger, hitziger Diskussion erleben durfte (eine Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin).
Auch ist es keine Überdehnung päpstlicher Autorität, eine moraltheologische Karriere an Kritik an Humanae Vitae scheitern zu lassen. Natürlich kann jeder Katholik jede beliebige Meinung zu jeder beliebigen päpstlichen oder Glaubensaussage haben und sie gerne auch äußern. Er braucht dann aber nicht zu erwarten, daß er dann noch von der Kirche als Lehrer für den Glauben dieser Kirche und Ausbilder künftiger Priester eingesetzt wird. Denn ein Reich, das in sich gespalten ist, kann keinen Bestand haben. Das heißt natürlich nicht, daß man nur Ja-Sager braucht (es gibt durchaus legitim nebeneinander stehende, miteinander nicht harmonisierbare theologische Ansätze, aber Theologie ist etwas anderes als Glaube und Lehramt, denn es setzt beides voraus, ohne es selbst schaffen zu können), aber man braucht jedenfalls keine Theologen, die dem Zeitgeist dergestalt hinterherrennen, daß sie sich nicht die Mühe machen, ihm unangenehme Elemente der kirchlichen Lehre zu erklären. Wenn Deckers meint, infolge der päpstlichen Autoritätsüberspannung sei das "intellektuelle Niveau des Episkopats [...] heute so niedrig wie lange nicht", stellt sich -- selbst wenn diese Auffassung zuträfe und nicht nur Ausdruck seiner eigenen Arroganz sein sollte, jeden Vertreter von Argumenten, die er nicht versteht, für intellektuell minderbemittelt zu halten -- die Frage, ob er da nicht Ursache und Wirkung miteinander verwechselt.
Daß dies sehr viel wahrscheinlicher ist als Deckers' Annahme, zeigt sich auch daran, daß er ähnlich wie Geyer die Erklärung Lombardis, es gäbe nicht nur eine Hierarchie der Glaubenswahrheiten sondern auch der päpstlichen Äußerungen, einfach durch Behauptung wegredet. Was der Papst in einer Enzyklika mit noch dazu ziemlich hohem lehramtlichen Anspruch verkündet, steht nun einmal auf einer anderen Ebene als die persönliche Äußerung zu einem bestimmten Sonderfall in einem Interview. Oder anders gesagt: Wer eine Enzyklika grundsätzlich in Frage stellt, tut etwas anderes, als der, der der eine Interviewäußerung für überinterpretiert und im Licht der bisherigen Lehre zu verstehen fordert. Das eine äußert der Papst in seiner Funktion als oberstes ordentliches Lehramt, das andere nicht. Hat nicht Papst Benedikt selbst in seinen Jesus-Büchern sehr ausdrücklich betont, es gäbe einen Unterschied zwischen lehramtlichem und theologischem Reden? Die Vorstellung, der Papst nutze ein Interview, um die Lehre der Kirche zu ändern, ist irgendwie... amüsant.
Nach wie vor zu beweisen wäre die Behauptung, daß sich selbst "kirchenverbundene Katholiken" ohne Gewissenbisse einfach über die Lehre der Kirche hinwegsetzten. Vielleicht versteht Deckers ja etwas andereres unter kirchenverbundene Katholiken als ich und vielleicht lebe ich ja auch einfach in einem Fundamentalistenhort, jedenfalls spricht die durchschnittliche Kinderzahl junger Familien in meiner Gemeinde (müßte grob über den Daumen gepeilt über drei liegen) nicht gerade für exzessiven Gebrauch von Kondom und Pille (und auch bei uns gibt es gravierende Differenzen über den recht gelebten Glauben). Vertrauenskapital haben bei mir jedenfalls die verspielt, die rundheraus in Frage stellen, wonach ich (bei allen bleibenden Schwierigkeiten) mein Leben auszurichten versuche! Woher wollen all die, die die katholische Sexualmoral ganz oder teilweise ablehnen, eigentlich wissen, daß sie nicht der Weg zu einem reichen und erfüllten Leben ist? "Komm und sieh" and try it yourself. Aber Vorsicht: Gefahr der Umkehr. BTDT.
Gegen Ende kriegt Deckers allerdings doch wieder die Kurve, seinen Leitartikel nicht in polemische Kirchenkritik abgleiten zu lassen. Er weist darauf hin, daß der Papst hier ganz offensichtlich nicht sich selbst korrigierte, denn er hat sich nie ausführlich zu Kondom und Pille geäußert, dafür in "Deus caritas est" -- das Deckers zu empfehlen nicht müde wird -- das "Hohelied der Sexualität" gesungen. Und zwar ganz ohne den Nebenschauplatz Empfängnisverhütung zu betreten, gehe es ihm doch nicht um Verbote, sondern um "positive Orthodoxie", also zu zeigen, daß und warum der katholische Glaube das beste ist, was einem Menschen passieren kann. Es ist mehr als nur schade, daß dieses Ziel immer wieder durch das Herausgreifen einzelner, nur scheinbar wichtiger Aussagen aus dem Zusammenhang konterkariert und der Papst immer wieder auf ein Diskussionsniveau deutlich unter der Gürtellinie heruntergezogen wird. Irgendwie liegt es nahe, das auch geistlich zu interpretieren...
Insofern ist es aber besonders schade, daß Deckers am Ende sogar seinen eigenen Kommentar konterkariert, indem er die Interviewaussage des Papstes wieder in den Vordergrund stellt und sogar als lehramtlich interpretiert, wenn er schreibt:
Die Sachlichkeit und Differenziertheit ermöglicht es auch, einige Dinge in den Vordergrund zu stellen, die in unserer heute meist empört-aufgeregten öffentlichen Meinung zugunsten des Vorurteils, die Kirche sei unmodern, unter den Tisch fallen. Gleich zu Beginn etwa, daß die Kondomaussage so gar nicht zum (Voruteils-)Bild des dogmatistischen "Panzerkardinals" passen will. Deutet er damit an, daß manche Leute offenbar in jeder Suppe ein Haar finden wollen? Auch im folgenden Absatz räumt er zunächst ein, daß "Humanae Vitae" wie keine andere päpstliche Aussage als Zeichen für die Unvereinbarkeit von Glaube und Moderne stehe. Doch sei diese nicht nur kirchlich gesehen systemimmanent, sondern gerade "den Gebildeten unter den Verächtern der Religion sollte das nicht unsympathisch sein" -- oder anders ausgedrückt: Muß denn automatisch die Moderne im Recht sein, wenn jemand ihr gegenüber skeptisch ist? Wenn das -- als ob nicht der ganze andere Stil schon gereicht hätte! -- mal nicht ein redaktionsinterner Seitenhieb auf Geyer ist! Aber Deckers ist nicht so eindimensional, sich ein Privatgefecht mit einem Kollegen zu liefern, sondern fährt fort:
"Daher wäre es nur fair, wenn wenigstens heute anerkannt würde, daß ein Großteil des Hohns und Spotts, der sich damals wegen der Enzyklika über Paul VI. ergoß, nicht gerechtfertigt war."Denn die Kirche habe sich damit zurecht gegen eine westliche Welt gestellt, die die das Argument einer Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit als Alibi verwendet hat, die mit dem Bevölkerungswachtum in der Dritten Welt verbundene, gerechtfertigte Bedrohung des ressourcenverbrauchenden Lebensstils des Westens zu bekämpfen anstatt die eigene Bequemlichkeit.
Dieses Unrecht gegen Paul VI. vergleicht Deckers mit dem aktuellen Argument, die Kirche sei schuld an der Ausbreitung von Aids, das genauso niveaulos sei (Deckers drückt das natürlich viel eloquenter und verklausulierter aus ;-). Tatsächlich stehe doch die Kirche an vorderster Front im Kampf gegen Aids, nämlich bei den Kranken und Gefährdeten, denen Hinweise, man solle doch Rote Bete und Knoblauch (Mbeki) verwenden, um sich zu schützen, genausowenig helfen, wie "das großzügige Sponsoring männlicher Promiskuität mit Großpackungen voller Gummis". Es hülfen nur "Aufklärung über die Risiken, Kampangen für die eheliche Treue, die Stärkung der Rolle der Frauen und die Sorge für Kranke und Waisen". Ist das nun radikal konservativ oder radikal links? Egal: Es ist radikal katholisch im besten Sinne dieses Wortes, und allein das auf der ersten Seite der FAZ zu lesen, entschädigt für vieles, was in den letzten Tagen zu schlucken war -- auch in der FAZ!
Danach aber geht Deckers von der Apologetik zum Angriff über, bezeichnet Passagen in "Humanae Vitae" über die Folgen der sexuellen Revolution als "fast prophetisch", und das "fast" verdankt sich eher der Kritik an einer zu schwachen Rede von der "Aufweichung der sittlichen Zucht" für das, was eigentlich nur als "durchgängige Sexualisierung des Alltags" und "erschreckende[r] Mangel an der Erziehung der Herzen" beschrieben werden könne.
"Der Münchner Kardinal Marx hat Recht: Die katholische Kirche ist die letzte Verfechterin des Ideals romantischer Liebe."(Und es wäre hinzuzufügen: Einer der größten Gegner ist Hollywood mit seinen niveaulosen Schnulzen, die immer dann enden, wenn Liebe erst wirklich zu sich selbst kommen könnte, nämlich wenn sich die beiden Protagonisten nach allerlei äußeren Irrungen und Wirrungen endlich gefunden haben und nun mit dem inneren Leben des anderen klar kommen müßten...)
Vorsichtig schließt er an, daß daraus ein unumstößliches Verbot künstlicher Methoden von Empfängnisverhütung resultiere, habe selbst die Nachdenklichsten nicht überzeugt, von den Frauen in der Kirche ganz zu schweigen. Damit hat er natürlich recht, denn dieses Verbot resultiert nicht aus dem Ideal der romantischen Liebe, sondern aus dem Recht des Kindes, kein Wunschkind sein zu müssen, sondern um seiner selbst willen und ungeplant (aber gewollt) zur Welt zu kommen, also daß sein Leben nicht von einer menschlichen Zustimmung zur Geburt abhängig ist, sondern allein von Gottes und der Menschen Liebe. Genau deshalb ist die Empfängnisverhütung (ich habe mehr Argumentationsschwierigkeiten mit der Erlaubtheit der natürlichen Methode als mit dem Verbot von Verhütungmitteln) tatsächlich der Abtreibung geistig verwandt (und dieser Konnex muß gegen Deckers' Kritik an Johannes Paul II. verteidigt werden!), denn es geht in beiden Fällen ums "Selbermachen", um den Irrtum, sein Leben selbst im Griff haben zu können und sich selbst über andere und letztlich sogar Gott zu stellen. Systematisierte man diese Einstellung als Weltanschauung, dann wäre man bei dem, was theologisch gesehen als Satanismus zu bezeichnen wäre.
Sagt man sowas aber öffentlich, wird man selbst von einem bekannten deutschen Moraltheologen im Stich gelassen, der im anschließenden privaten Gespräch von sich aus einräumt, man habe natürlich recht, aber das könne man öffentlich nun einmal nicht sagen, weil das keiner verstehe, also die Argumentationsbasis und Überzeugungskraft schmälere. Aber, verdammt nochmal!, was soll man denn sonst sagen? Soll ich Argumente einführen und vertreten, die ich selbst nicht nachvollziehen kann? Wie soll ich dann einen anderen überzeugen?! Und sei es nur, daß mein Gegenüber einräumte, er teile diese Auffassung nicht, aber er sehe zumindest, daß die katholische Position in sich konsistent sei, wie ich mal nachts um drei nach stundenlanger, hitziger Diskussion erleben durfte (eine Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin).
Auch ist es keine Überdehnung päpstlicher Autorität, eine moraltheologische Karriere an Kritik an Humanae Vitae scheitern zu lassen. Natürlich kann jeder Katholik jede beliebige Meinung zu jeder beliebigen päpstlichen oder Glaubensaussage haben und sie gerne auch äußern. Er braucht dann aber nicht zu erwarten, daß er dann noch von der Kirche als Lehrer für den Glauben dieser Kirche und Ausbilder künftiger Priester eingesetzt wird. Denn ein Reich, das in sich gespalten ist, kann keinen Bestand haben. Das heißt natürlich nicht, daß man nur Ja-Sager braucht (es gibt durchaus legitim nebeneinander stehende, miteinander nicht harmonisierbare theologische Ansätze, aber Theologie ist etwas anderes als Glaube und Lehramt, denn es setzt beides voraus, ohne es selbst schaffen zu können), aber man braucht jedenfalls keine Theologen, die dem Zeitgeist dergestalt hinterherrennen, daß sie sich nicht die Mühe machen, ihm unangenehme Elemente der kirchlichen Lehre zu erklären. Wenn Deckers meint, infolge der päpstlichen Autoritätsüberspannung sei das "intellektuelle Niveau des Episkopats [...] heute so niedrig wie lange nicht", stellt sich -- selbst wenn diese Auffassung zuträfe und nicht nur Ausdruck seiner eigenen Arroganz sein sollte, jeden Vertreter von Argumenten, die er nicht versteht, für intellektuell minderbemittelt zu halten -- die Frage, ob er da nicht Ursache und Wirkung miteinander verwechselt.
Daß dies sehr viel wahrscheinlicher ist als Deckers' Annahme, zeigt sich auch daran, daß er ähnlich wie Geyer die Erklärung Lombardis, es gäbe nicht nur eine Hierarchie der Glaubenswahrheiten sondern auch der päpstlichen Äußerungen, einfach durch Behauptung wegredet. Was der Papst in einer Enzyklika mit noch dazu ziemlich hohem lehramtlichen Anspruch verkündet, steht nun einmal auf einer anderen Ebene als die persönliche Äußerung zu einem bestimmten Sonderfall in einem Interview. Oder anders gesagt: Wer eine Enzyklika grundsätzlich in Frage stellt, tut etwas anderes, als der, der der eine Interviewäußerung für überinterpretiert und im Licht der bisherigen Lehre zu verstehen fordert. Das eine äußert der Papst in seiner Funktion als oberstes ordentliches Lehramt, das andere nicht. Hat nicht Papst Benedikt selbst in seinen Jesus-Büchern sehr ausdrücklich betont, es gäbe einen Unterschied zwischen lehramtlichem und theologischem Reden? Die Vorstellung, der Papst nutze ein Interview, um die Lehre der Kirche zu ändern, ist irgendwie... amüsant.
Nach wie vor zu beweisen wäre die Behauptung, daß sich selbst "kirchenverbundene Katholiken" ohne Gewissenbisse einfach über die Lehre der Kirche hinwegsetzten. Vielleicht versteht Deckers ja etwas andereres unter kirchenverbundene Katholiken als ich und vielleicht lebe ich ja auch einfach in einem Fundamentalistenhort, jedenfalls spricht die durchschnittliche Kinderzahl junger Familien in meiner Gemeinde (müßte grob über den Daumen gepeilt über drei liegen) nicht gerade für exzessiven Gebrauch von Kondom und Pille (und auch bei uns gibt es gravierende Differenzen über den recht gelebten Glauben). Vertrauenskapital haben bei mir jedenfalls die verspielt, die rundheraus in Frage stellen, wonach ich (bei allen bleibenden Schwierigkeiten) mein Leben auszurichten versuche! Woher wollen all die, die die katholische Sexualmoral ganz oder teilweise ablehnen, eigentlich wissen, daß sie nicht der Weg zu einem reichen und erfüllten Leben ist? "Komm und sieh" and try it yourself. Aber Vorsicht: Gefahr der Umkehr. BTDT.
Gegen Ende kriegt Deckers allerdings doch wieder die Kurve, seinen Leitartikel nicht in polemische Kirchenkritik abgleiten zu lassen. Er weist darauf hin, daß der Papst hier ganz offensichtlich nicht sich selbst korrigierte, denn er hat sich nie ausführlich zu Kondom und Pille geäußert, dafür in "Deus caritas est" -- das Deckers zu empfehlen nicht müde wird -- das "Hohelied der Sexualität" gesungen. Und zwar ganz ohne den Nebenschauplatz Empfängnisverhütung zu betreten, gehe es ihm doch nicht um Verbote, sondern um "positive Orthodoxie", also zu zeigen, daß und warum der katholische Glaube das beste ist, was einem Menschen passieren kann. Es ist mehr als nur schade, daß dieses Ziel immer wieder durch das Herausgreifen einzelner, nur scheinbar wichtiger Aussagen aus dem Zusammenhang konterkariert und der Papst immer wieder auf ein Diskussionsniveau deutlich unter der Gürtellinie heruntergezogen wird. Irgendwie liegt es nahe, das auch geistlich zu interpretieren...
Insofern ist es aber besonders schade, daß Deckers am Ende sogar seinen eigenen Kommentar konterkariert, indem er die Interviewaussage des Papstes wieder in den Vordergrund stellt und sogar als lehramtlich interpretiert, wenn er schreibt:
"Daß in dieser Perspektive [der Verantwortung von Mann und Frau füreinander und für die Weitergabe des Lebens] auch eine Güterabwägung vonnöten sein kann, und zwar nicht als Übel, sondern als sittliche Pflicht, das ist keine Reform, sondern eine Revolution",bleibt er eindeutig unter seinem eigenen Niveau, denn von Verantwortung für Mann und Frau und Weitergabe des Lebens hat der Papst im Kontext seiner Interviewäußerung nun wirklich nicht gesprochen. Oder hat Prostitution mittlerweile etwas mit Verantwortungüberahme für den Ehepartner und die Weitergabe des Lebens zu tun?! Da müßte mir etwas entgangen sein...
Mittwoch, 24. November 2010
Hol's der Geyer!
Heute früh habe ich mir aus im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Gedanken darüber gemacht, warum bei uns eigentlich jede kirchliche Regelung anhand von Einzelfällen, auf die sie nicht zutrifft, so lange kritisiert werden muß, bis der Einzelfall, also die Ausnahme, zum Maßstab einer neuen kirchlichen Regelung geworden ist (die dann zwangsläufig nur noch auf den Ausnahmefall, aber nicht mehr auf die Regel zutrifft), und warum das auch noch als Anpassung an die Realität verstanden wird. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß wir Deutschen deutlich obrigkeitsfixierter sind als der durchschnittlich normale Mensch: Wir sind das Land, in dem "man" nachts um drei auf menschenleerer Straße an einer roten Fußgängerampel wartet, wie es ein indischer Pater mal ausdrückte. Die Obrigkeitsfixiertheit geht sogar so weit, daß selbst dort, wo eine Mißachtung von Regeln (scheinbar) konsequenzenlos möglich sind, die Regel nach wie vor kritisiert wird, sei es die katholische Sexualmoral oder die deutsche Abtreibungsgesetzgebung. Wären wir nicht obrigkeitsfixiert, könnte es uns doch völlig egal sein, was "die da oben" an Regeln beschließen und verkünden, solange wir durch nichts in der Welt gezwungen werden können, sie gegen unseren Willen und unsere Überzeugung zu befolgen.
Nur hat die Sache einen Haken: Mit diesem Denken an die hierarchische Ordnung der Kirche ranzugehen, verfehlt den eigentlichen Inhalt des christlichen Glaubens. Es geht gerade nicht darum, auf einen allmächtigen Vater im Himmel fixiert zu sein und zu tun, was er befiehlt, ob ich es verstehe, einsehe und will oder sich alles in mir dagegen streubt, ich es sogar für völlig falsch und unmoralisch halte, sondern darum, aufgrund der Erlösung durch den Sohn befähigt zu werden, durch die Gnade im Heiligen Geist den Willen des Vaters tun zu wollen. Entsprechend gibt es seit je her in der katholischen Morallehre und selbst im Kirchenrecht die Epikie: Wenn ich nach gründlicher Überlegung und aufrichtigem Suchen zu der Überzeugung gelange, daß Gottes Wille an mich ist, etwas zu tun, was ich nach kirchlicher Lehre und kirchlichem Recht nicht tun dürfte, und wenn ich zudem guten Gewissens zu der Überzeugung komme, das Lehramt bzw. der kirchliche Gesetzgeber hätte seine Lehre bzw. sein Gesetz anders gestaltet, wenn er meinen konkreten Einzelfall und seine Umstände berücksichtigt hätte, daf ich aufgrund dieser Überzeugungen der Handlungsaufforderung folgen, die mir als unabweisbarer Wille Gottes in meiner konkreten Situation gegenübertritt. Ich darf dennoch nicht erwarten, daß das kirchliches Lehramt oder der kirchliche Gesetzgeber meine Überzeugung teilt -- es soll ja auch die Möglichkeit geben, daß ich aufgrund meiner immer verbleibenden menschlichen Schwäche gar mächtig geirrt habe (gleichermaßen wäre es natürlich auch denkbar, daß ein Heiliger hier tatsächlich einen ganz bestimmten Ausnahmefall erkannt hat, die Regel ist das nach allgemeiner menschlicher Erfahrung aber nicht). Mein Kirchengeschichtler sagte mal über die Ordensregeln im Mittelalter, sie wären immer so hoch gehängt worden, daß man noch drunter durchgehen konnte. Mit anderen Worten: Die Regeln sind für den Menschen und sein Heil da, nicht um ihn zu knechten und eine Art gesetzliche Herrschaft über ihn auszuüben.
So oder so bedeutet das, daß die kirchlichen Regeln nicht im entferntesten davon berührt werden, wenn sich selbst eine große Zahl von Christen in der Praxis über eine Regel hinwegsetzt. Sie stellen damit nicht in Frage, daß die Regel an sich richtig und sinnvoll ist, wenngleich sie im jeweilig konkreten Einzelfall nicht zutreffend ist, die Kirche anerkennt hingegen nicht, daß diese Christen im Recht wären und folglich die Regel falsch, sondern überläßt diese Frage der barmherzigen Beurteilung des Beichtvaters. (Eine Anmwerkung am Rande: Genau das ist der Grund, warum sich die Moraltheologie so lange in kasuistischen Einzelfällen erging: Die grundlegenden Prinzipien und Regeln sind klar und gehörten noch lange bis in die Neuzeit zum Bereich der Dogmatik, in der moraltheologischen Lehre ging es hingegen um die Anwendung dieser Prinzipien in konkretern Situationen -- weil die Auszubildenden genau damit in der Praxis, nämlich im Beichtstuhl, konfrontiert wurden und einen dem Einzelfall entsprechenden Umgang mit den Prinzipien erlernen mußten.) Denn es geht um das Heil des einzelnen Menschen und nicht um die Aufrechterhaltung überkommener gesellschaftlicher Sitten. So kann das Aufbegehren gegen das Befolgen einer guten Regel aus den falschen Gründen ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit sein -- auf einen konkreten Menschen in einer ganz konkreten Situation bezogen. Weil es aber um das Heil des Einzelnen geht und weil dieses Heil eben nicht von den innerweltlichen Regeln abhängt, sondern vom Glauben und dem Tun-Wollen des Willen Gottes, hat die Kirche letztlich auch überhaupt nicht die Vollmacht, einfach einen 180°-Schwenk zu machen -- kann denn heute falsch sein, was gestern richtig war? Nur wenn es entweder schon gestern falsch war (haben dann aber ganze Generationen nicht gewußt, was zum Heile nötig ist?) oder wenn sich die Umstände so geändert haben, daß sich die Bewertung einer Handlung mit ihnen ändert. Diese Änderung der Umstände kann aber nicht bloß im rein zeitgeistigen Wandel der Verhaltensweisen bestehen, sondern muß die Handlung auf metaphysischer (oh böses Wort!) Ebene verändern -- was aber im Grunde bedeutet, dasselbe Wort für eine ganz andere Tat zu verwenden. Mir fällt dazu auch ehrlichgesagt nur ein einziges Beispiel ein: Die Religionsfreiheit. Was im vorpluralistischen und vordemokratischen, christlich geprägten und fundierten Staat ein Unding war (Wahrheit und Unwahrheit gleichberechtigt?!), wurde durch das Entstehen säkularer Staaten und pluralistischer Gesellschaften zur notwendigen Forderung (sollte die Wahrheit weniger Recht als die Unwahrheit haben?).
Als ich mich dann in der FAZ bis zum Feuilleton vorgearbeitet hatte und mich das Bild eines müde wirkenden Papstes begrüßte, kamen mir diese Gedanken wie göttliche Eingebung vor, nachdem mich der Titel "Wirklich keine Revolution?" gleich auf den Autor des Artikels blicken ließ und ich dort den Namen "Christian Geyer" las. Ich wußte gleich, daß ich mich bloß wieder ärgern würde, wenn ich den Artikel lese. Ich habe es dann doch getan. Die gute Nachricht zuerst: Er ist nicht ganz so unter der Gürtellinie wie der letzte. Die schlechte: Alles, was ich mir heute früh an Gedanken über die "deutsch(-katholisch)e Seele" gemacht hatte, wurde hier bis ins Detail bestätigt. Gleich der Anfang:
Danach verwendet er einen langen Absatz, der etwa ein Fünftel seines Artikels ausmacht, um die Erklärung Lombardis, das sei ja gar nicht neu, durch Behauptung zu widerlegen: Es gehöre ja zur Ideologie der Kirche, Revolutionen nicht als die Revolutionen zu bezeichnen, die sie sind, sondern als vertieftes Verständnis der Überlieferung (daß er da gleich mit der Kanone "Religionsfreiheit" kommt, zeigt, daß er weder vertiefte Kenntnis der Religionsfreiheitsfrage hat, noch zwischen einer Interviewäußerung und einem Konzilsdokument unterscheiden kann). Den nächsten Absatz, ein weiteres Fünftel, braucht er, um genau diese Unterscheidung zwischen Lehramt und Interviewäußerung als Schutzbehauptung hinzustellen (muß ihm also ganz schön schwer gefallen sein).
Anschließend hakt es dann völlig bei ihm aus. Aus der kasuistischen Überlegung, daß es Fälle geben kann, in denen der Gebrauch eines Kondoms das geringere Übel sein könnte, und der Tatsache, daß der Papst nicht der erste Katholik und Theologe ist, der diese Fälle berücksichtigt, macht Geyer ein allgemeines "safer sex"-Traditionsargument ("man habe ja schon immer Kondome benutzen können" -- was ja einfach nicht stimmt, aber was macht das schon, wenn die aktuelle Aussage mit "Katholiken dürfen jetzt Kondome benutzen" auch nicht stimmt), das über kurz oder lang die Sexualmoral der Kirche revolutionieren, zu einer Anpassung der Kirche an die Moderne führen würde. Daß er anschließend dem Papst das Argument, mittlerweile würden selbst säkulare Hilfsorganisation die kirchliche Position teilen, Kondome seinen nicht die Lösung, sondern vor allem Enthaltsamkeit und Treue, im Munde umdreht und behauptet, der Papst würde
Alles weitere Gefasel, die Kirche müsse modern werden, und der Papst halte das den Traditionalisten vor (zu denen rechnet Geyer mich wahrscheinlich auch...), die Kirche dürfe nicht neben der Moderne leben, ist nur noch mäßig aufregend. Bekanntlich hat die Moderne auch den Holocaust hervorgebracht, also kann der Papst wohl kaum gemeint haben, die Kirche müsse alles einfach mitmachen, sondern vielmehr sie müsse sich in der Moderne um so mehr zu Wort melden, anstatt sich in den Kokon eines wohligen Gemeinschaftsgefühls zurückzuziehen. Das scheint mir aber eher an den lauen Durchschnitt der Sonntagschristen gerichtet zu sein...
Erst mit dem Schlußsatz läuft er wieder zu Hochform auf:
Alles in allem wird der Kommentar über die Identitätskrise Geyers zu meinem letzten Posting überdeutlich bestätigt. Warum belästigt er uns nur damit, wenn er einfach nicht versteht, was den christlichen Glauben ausmacht? Ich hätte nicht gedacht, daß ich das einmal schreiben würde, aber: Bitte, liebe FAZ, kann Daniel Deckers nicht den gleichen Platz eingeräumt bekommen?
Nur hat die Sache einen Haken: Mit diesem Denken an die hierarchische Ordnung der Kirche ranzugehen, verfehlt den eigentlichen Inhalt des christlichen Glaubens. Es geht gerade nicht darum, auf einen allmächtigen Vater im Himmel fixiert zu sein und zu tun, was er befiehlt, ob ich es verstehe, einsehe und will oder sich alles in mir dagegen streubt, ich es sogar für völlig falsch und unmoralisch halte, sondern darum, aufgrund der Erlösung durch den Sohn befähigt zu werden, durch die Gnade im Heiligen Geist den Willen des Vaters tun zu wollen. Entsprechend gibt es seit je her in der katholischen Morallehre und selbst im Kirchenrecht die Epikie: Wenn ich nach gründlicher Überlegung und aufrichtigem Suchen zu der Überzeugung gelange, daß Gottes Wille an mich ist, etwas zu tun, was ich nach kirchlicher Lehre und kirchlichem Recht nicht tun dürfte, und wenn ich zudem guten Gewissens zu der Überzeugung komme, das Lehramt bzw. der kirchliche Gesetzgeber hätte seine Lehre bzw. sein Gesetz anders gestaltet, wenn er meinen konkreten Einzelfall und seine Umstände berücksichtigt hätte, daf ich aufgrund dieser Überzeugungen der Handlungsaufforderung folgen, die mir als unabweisbarer Wille Gottes in meiner konkreten Situation gegenübertritt. Ich darf dennoch nicht erwarten, daß das kirchliches Lehramt oder der kirchliche Gesetzgeber meine Überzeugung teilt -- es soll ja auch die Möglichkeit geben, daß ich aufgrund meiner immer verbleibenden menschlichen Schwäche gar mächtig geirrt habe (gleichermaßen wäre es natürlich auch denkbar, daß ein Heiliger hier tatsächlich einen ganz bestimmten Ausnahmefall erkannt hat, die Regel ist das nach allgemeiner menschlicher Erfahrung aber nicht). Mein Kirchengeschichtler sagte mal über die Ordensregeln im Mittelalter, sie wären immer so hoch gehängt worden, daß man noch drunter durchgehen konnte. Mit anderen Worten: Die Regeln sind für den Menschen und sein Heil da, nicht um ihn zu knechten und eine Art gesetzliche Herrschaft über ihn auszuüben.
So oder so bedeutet das, daß die kirchlichen Regeln nicht im entferntesten davon berührt werden, wenn sich selbst eine große Zahl von Christen in der Praxis über eine Regel hinwegsetzt. Sie stellen damit nicht in Frage, daß die Regel an sich richtig und sinnvoll ist, wenngleich sie im jeweilig konkreten Einzelfall nicht zutreffend ist, die Kirche anerkennt hingegen nicht, daß diese Christen im Recht wären und folglich die Regel falsch, sondern überläßt diese Frage der barmherzigen Beurteilung des Beichtvaters. (Eine Anmwerkung am Rande: Genau das ist der Grund, warum sich die Moraltheologie so lange in kasuistischen Einzelfällen erging: Die grundlegenden Prinzipien und Regeln sind klar und gehörten noch lange bis in die Neuzeit zum Bereich der Dogmatik, in der moraltheologischen Lehre ging es hingegen um die Anwendung dieser Prinzipien in konkretern Situationen -- weil die Auszubildenden genau damit in der Praxis, nämlich im Beichtstuhl, konfrontiert wurden und einen dem Einzelfall entsprechenden Umgang mit den Prinzipien erlernen mußten.) Denn es geht um das Heil des einzelnen Menschen und nicht um die Aufrechterhaltung überkommener gesellschaftlicher Sitten. So kann das Aufbegehren gegen das Befolgen einer guten Regel aus den falschen Gründen ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit sein -- auf einen konkreten Menschen in einer ganz konkreten Situation bezogen. Weil es aber um das Heil des Einzelnen geht und weil dieses Heil eben nicht von den innerweltlichen Regeln abhängt, sondern vom Glauben und dem Tun-Wollen des Willen Gottes, hat die Kirche letztlich auch überhaupt nicht die Vollmacht, einfach einen 180°-Schwenk zu machen -- kann denn heute falsch sein, was gestern richtig war? Nur wenn es entweder schon gestern falsch war (haben dann aber ganze Generationen nicht gewußt, was zum Heile nötig ist?) oder wenn sich die Umstände so geändert haben, daß sich die Bewertung einer Handlung mit ihnen ändert. Diese Änderung der Umstände kann aber nicht bloß im rein zeitgeistigen Wandel der Verhaltensweisen bestehen, sondern muß die Handlung auf metaphysischer (oh böses Wort!) Ebene verändern -- was aber im Grunde bedeutet, dasselbe Wort für eine ganz andere Tat zu verwenden. Mir fällt dazu auch ehrlichgesagt nur ein einziges Beispiel ein: Die Religionsfreiheit. Was im vorpluralistischen und vordemokratischen, christlich geprägten und fundierten Staat ein Unding war (Wahrheit und Unwahrheit gleichberechtigt?!), wurde durch das Entstehen säkularer Staaten und pluralistischer Gesellschaften zur notwendigen Forderung (sollte die Wahrheit weniger Recht als die Unwahrheit haben?).
Als ich mich dann in der FAZ bis zum Feuilleton vorgearbeitet hatte und mich das Bild eines müde wirkenden Papstes begrüßte, kamen mir diese Gedanken wie göttliche Eingebung vor, nachdem mich der Titel "Wirklich keine Revolution?" gleich auf den Autor des Artikels blicken ließ und ich dort den Namen "Christian Geyer" las. Ich wußte gleich, daß ich mich bloß wieder ärgern würde, wenn ich den Artikel lese. Ich habe es dann doch getan. Die gute Nachricht zuerst: Er ist nicht ganz so unter der Gürtellinie wie der letzte. Die schlechte: Alles, was ich mir heute früh an Gedanken über die "deutsch(-katholisch)e Seele" gemacht hatte, wurde hier bis ins Detail bestätigt. Gleich der Anfang:
"Ein Gummi zur Ausübung des Geschlechtsverkehres [daß er genau dazu diene, bestreitet die Kirche ja...] gerät zum Testgummi für die Modernetauglichkeit einer Institution mit 1,2 Milliarden Mitgliedern."Ist er das wirklich? Eigentlich hätte diese Einleitung Geyer schon den Wink geben können, wie absurd lächerlich diese Diskussion eigentlich ist.
Danach verwendet er einen langen Absatz, der etwa ein Fünftel seines Artikels ausmacht, um die Erklärung Lombardis, das sei ja gar nicht neu, durch Behauptung zu widerlegen: Es gehöre ja zur Ideologie der Kirche, Revolutionen nicht als die Revolutionen zu bezeichnen, die sie sind, sondern als vertieftes Verständnis der Überlieferung (daß er da gleich mit der Kanone "Religionsfreiheit" kommt, zeigt, daß er weder vertiefte Kenntnis der Religionsfreiheitsfrage hat, noch zwischen einer Interviewäußerung und einem Konzilsdokument unterscheiden kann). Den nächsten Absatz, ein weiteres Fünftel, braucht er, um genau diese Unterscheidung zwischen Lehramt und Interviewäußerung als Schutzbehauptung hinzustellen (muß ihm also ganz schön schwer gefallen sein).
Anschließend hakt es dann völlig bei ihm aus. Aus der kasuistischen Überlegung, daß es Fälle geben kann, in denen der Gebrauch eines Kondoms das geringere Übel sein könnte, und der Tatsache, daß der Papst nicht der erste Katholik und Theologe ist, der diese Fälle berücksichtigt, macht Geyer ein allgemeines "safer sex"-Traditionsargument ("man habe ja schon immer Kondome benutzen können" -- was ja einfach nicht stimmt, aber was macht das schon, wenn die aktuelle Aussage mit "Katholiken dürfen jetzt Kondome benutzen" auch nicht stimmt), das über kurz oder lang die Sexualmoral der Kirche revolutionieren, zu einer Anpassung der Kirche an die Moderne führen würde. Daß er anschließend dem Papst das Argument, mittlerweile würden selbst säkulare Hilfsorganisation die kirchliche Position teilen, Kondome seinen nicht die Lösung, sondern vor allem Enthaltsamkeit und Treue, im Munde umdreht und behauptet, der Papst würde
"nur erklären, was jeder Aktivist der Aids-Prävention bestätigen würde",schlägt dem Faß eigentlich schon den Boden aus.
Alles weitere Gefasel, die Kirche müsse modern werden, und der Papst halte das den Traditionalisten vor (zu denen rechnet Geyer mich wahrscheinlich auch...), die Kirche dürfe nicht neben der Moderne leben, ist nur noch mäßig aufregend. Bekanntlich hat die Moderne auch den Holocaust hervorgebracht, also kann der Papst wohl kaum gemeint haben, die Kirche müsse alles einfach mitmachen, sondern vielmehr sie müsse sich in der Moderne um so mehr zu Wort melden, anstatt sich in den Kokon eines wohligen Gemeinschaftsgefühls zurückzuziehen. Das scheint mir aber eher an den lauen Durchschnitt der Sonntagschristen gerichtet zu sein...
Erst mit dem Schlußsatz läuft er wieder zu Hochform auf:
"Was, wenn mit der revolutionären Wende in der Kondomfrage auch das Reinreden in die Sexualität ein Ende hätte? Ein Gedanke nur, gleich dem einer Droge."Tja. Ich habe den Papst noch nicht in meinem Schlafzimmer gesehen -- leider. Mit dem Verweis auf eine "Droge" trifft Geyer aber den Nagel auf den Kopf, denn genau den Gebrauch der Sexualität als Droge, als etwas, das ich mir zur (Selbst-)Befriedigung verschaffe, anstatt es als Ausdruck einer tiefen, innigen Liebe zu sehen, ist es, gegen den sich die katholische Sexualmoral seit eh und je wendet und was der Papst im selben Buch auch nocheinmal ausdrücklich und eindringlich gesagt hat. Komisch, daß das an Geyer vorbeigegangen sein muß...
Alles in allem wird der Kommentar über die Identitätskrise Geyers zu meinem letzten Posting überdeutlich bestätigt. Warum belästigt er uns nur damit, wenn er einfach nicht versteht, was den christlichen Glauben ausmacht? Ich hätte nicht gedacht, daß ich das einmal schreiben würde, aber: Bitte, liebe FAZ, kann Daniel Deckers nicht den gleichen Platz eingeräumt bekommen?
Montag, 22. November 2010
Güterabwägung
Wenn ich mich an dieser Stelle hier aufregen, wenn es bei Daniel Deckers "aushakt", fühle ich mich gezwungen, auch darüber zu berichten, wenn er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und unter Einsatz seiner besten Fähigkeiten als promovierter Moraltheologe die Sache auf den Punkt bringt.
Nachdem er bereits am Samstag in einem Kommentar zum Papstbesuch "thüringer Selbsbewußtsein" und ganz viel ratzinger'sche Theologie (neben badischem Liberalismus; gut, in der Mischung funktioniert das vielleicht) zu einer Mischung erklärte, die nicht die schlechteste für die deutsche Kirche sei, schreibt er heute (online wiederum nur für den Preis der ganzen Zeitung) über die "Kondom-Verbot-Aufhebungsdebatte", der Papst bewege sich mit seiner Aussage
Daß es in der öffentlichen Diskussion aber überhaupt nicht um die Frage geht, wie sinnvoll mit Sexualität, AIDS und Kondomen umgegangen werden kann, zeigt dagegen Christian Geyer im Feuilleton (auch nur gegen Geld nun auch online zu finden, via Stanislaus' passendem Kommentar, ich verlinke den nicht). Dort wird die Papstaussage zu Kondomen nicht einmal als "Etappensieg" gefeiert, sondern als völlig unzureichend und realitätsverweigernd dargestellt und in einem nur sprachlich von der "Bild" unterschiedenen (nein, das war jetzt eine Beleidigung der "Bild") sinnbefreiten Cocktail mit dem "Bekenntnisbuch" David Bergers, das angeblich den Vatikan in Bredouille bringe (eine Aussage, die nur zeigt, daß Geyer keine Ahnung vom Vatikan hat, von der katholischen Kirche ganz zu schweigen, aber das ist ja keine neue Erkenntnis) vermischt wird -- offenbar um auf Teufel komm raus weiter die Weltfremdheit der Kirche behaupten zu können. Da muß sich ja jemand ganz schön in die Ecke getrieben fühlen, wenn er schon solche Kanonen herauskramen muß...
Nachdem er bereits am Samstag in einem Kommentar zum Papstbesuch "thüringer Selbsbewußtsein" und ganz viel ratzinger'sche Theologie (neben badischem Liberalismus; gut, in der Mischung funktioniert das vielleicht) zu einer Mischung erklärte, die nicht die schlechteste für die deutsche Kirche sei, schreibt er heute (online wiederum nur für den Preis der ganzen Zeitung) über die "Kondom-Verbot-Aufhebungsdebatte", der Papst bewege sich mit seiner Aussage
"nur auf dem in der Geschichte der Theologie längst vermessenen Feld der Güterabwägung, ohne dabei den Kern der Sexualmoral der Kirche aufzugeben: die Verbindung von Sexualität und Liebe und die Hinordnung von Sexualität auf die Weitergabe des Lebens. Diese Überzeugung preiszugeben, fiele dem Papst im Traum nicht ein -- warum auch? Der Vorwurf der Liebes- und damit der Lebensfeindlichkeit trifft die recht verstandene katholische Sexualmoral kaum. Dafür gibt es keinen besseren Zeugen als Papst Benedikt XVI. Seine erste Enzyklika 'Deus caritas est' ist ein Hohelied der Liebe, das noch lange erklingen wird. Wenn man es hören will."Wohl gesprochen! (Über das "kaum" sehe ich einmal hinweg, ich denke, tatsächlich wird die Sexualmoral von diesem Vorwurf überhaupt nicht getroffen.)
Daß es in der öffentlichen Diskussion aber überhaupt nicht um die Frage geht, wie sinnvoll mit Sexualität, AIDS und Kondomen umgegangen werden kann, zeigt dagegen Christian Geyer im Feuilleton (
Sonntag, 21. November 2010
Der Heilige Stuhl und Wir...
In einer kleinen Meldung der FAZ (Samstag, S. 6) zu den unerlaubten Bischofweihen in China heißt es:
"Gemeinhin einigen sich Heiliger Stuhl und Vatikan zunächst auf eine Bischofserhebung."Subtiler kann man das Recht des Papstes, Bischöfe frei zu ernennen, nicht ausdrücken :-)
Mittwoch, 17. November 2010
Ein guter Grund
Heute gibt es in der FAZ eine Rezension über den neuen Harry Potter-Film (Teil VII.1, online nur gegen Geld, für das man am Kiosk schon die ganze Zeitung bekommt, zugänglich -- auch ein Thema, das einen eigenen Post wert wäre). Kurz gesagt: Der Film sei langweilig, komme nicht vom Fleck, und Teil VII.2 könne nur besser werden.
Eine schlechte Filmerezension in der FAZ ist ja häufig ein Indiz für einen guten Film. Was allerdings selten vorkommt, ist hier der Fall: Die Rezension erklärt gegen ihren Wortlaut sogar, warum der Film gut ist. Man überlege sich mal, woraus der erste Teil von Band 7 besteht: Aus einer ziellosen Flucht vor einer komplett feindlich gesinnten Welt und der ergebnislosen Suche nach den Horcuxes. Außer dem Streit zwischen den psychisch angespannten Hauptpersonen gibt es auch im Buch kaum Action.
Im Gegenteil. Es heißt in der Rezension, anstelle wichtiger Handlungsteile (Kreacher und der Zaubereiminister tauchten nicht auf, wodurch für das Verständis der Lösung wichtige Hinweise im Film fehlten) zeige der Film
Was das Buch mit den ihm angemessenen literarischen Mitteln macht, mußte der Film szenisch umsetzen. Daß dabei andere Teile auf der Strecke bleiben, liegt in der Natur von Buchverfilmungen an sich und der Harry Potter-Verfilmungen im besonderen. Im Gegensatz zum zweiten und dritten Teil vom Herrn der Ringe, die in der Filmversion von monumentaler Schlachtenszenerie geprägt sind, scheint es der Harry Potter-Verfilmung zu gelingen, die Gewißheit der drohenden Gefahr und ihrer Unausweichlichkeit in die filmische Bildersprache umzusetzen: Harry weiß (wie Frodo), daß er nur durch das Leid, durch die offene Konfrontation mit dem Bösen in der Höhle des Löwen zum Ziel gelangen kann, daß er um des Heils der Welt willen sich selbst der Todesgefahr, ja dem Tod selbst ausliefern muß. Er weiß -- und das ist, was für mich beide Bücherreihen so faszinierend macht --, daß die Erlösung nur durch das Kreuz erlangt werden kann. Schade, daß die FAZ-Rezensentin das nicht erkannt hat.
Eine schlechte Filmerezension in der FAZ ist ja häufig ein Indiz für einen guten Film. Was allerdings selten vorkommt, ist hier der Fall: Die Rezension erklärt gegen ihren Wortlaut sogar, warum der Film gut ist. Man überlege sich mal, woraus der erste Teil von Band 7 besteht: Aus einer ziellosen Flucht vor einer komplett feindlich gesinnten Welt und der ergebnislosen Suche nach den Horcuxes. Außer dem Streit zwischen den psychisch angespannten Hauptpersonen gibt es auch im Buch kaum Action.
Im Gegenteil. Es heißt in der Rezension, anstelle wichtiger Handlungsteile (Kreacher und der Zaubereiminister tauchten nicht auf, wodurch für das Verständis der Lösung wichtige Hinweise im Film fehlten) zeige der Film
"in größter Ausführlichkeit die ziellose Flucht der Freunde durch ein tristes, ödes Land, aus dem die Dementoren alle Lebensfreude gesaugt haben. Statt des fröhlichen und unaufdringlichen Patriotismus, der die 'Harry Potter'-Filme in ihrer gloriosen Britishness bislang immer durchwehte, dürften die dortigen Zuschauer diesmal eher ein Land gespiegelt sehen, das sich zu Tode sparen muss."Da fragt man sich ja, welche Atmosphäre die Rezensentin beim Lesen von Band 7 empfunden hat. Der ist von allen Harry Potter-Büchern der tristeste, sperrigste und zäheste, vor allem in seinem ersten Teil. Hier findet sich tatsächlich nichts mehr von der Fröhlichkeit, der kindlichen Entdeckungsfreude der Helden, die die anderen Bände in übrigens auch schon zunehmend abenehmeder Weise durchzog (und mich bis zum vierten Teil zu einem Harry Potter-Verächter machte). Das übliche Muster -- jeder Band beginnt mit dem Ende der Sommerferien und der Rückkehr nach Hogwarts -- wird durchbrochen, die Schule spielt überhaupt keine Rolle mehr und die ganzen netten kleinen Geschichtchen und Anekdoten am Rande, die für die Geschichte an sich nicht wichtig waren (oder sich erst in späteren Bänden als relevant herausstellten), können so gar nicht mehr vorkommen. Band 7 ist einfach nicht mehr im entferntesten ein Kinderbuch. Die Helden werden im Laufe der Reihe erwachsen, und im Band 7 sind sie mit den Konsequenzen davon am deutlichsten konfrontiert. Band 7 ist brutal, die Bedrohung ist nicht regional und/oder zeitlich begrenzt, sondern immer und überall, nirgendwo gibt es Sicherheit, und Harry weiß das, so daß er nicht einmal durch sein Unwissen noch geschützt ist. Band 7 stellt Böses als Böses dar und zwar in seiner ganzen Brutalität -- nicht indem in Splatter und Gore verstörende Gewaltdarstellungen in ihrer ganzen "Schönheit" (und zugleich Banalität) dargestellt würden, sondern indem die Bedrohung unterschwellig immer da ist, nie aus den Köpfen der Helden und des Lesers verschwinden kann, und sich in einer trügerischen Friedlichkeit der Szenerie darstellt.
Was das Buch mit den ihm angemessenen literarischen Mitteln macht, mußte der Film szenisch umsetzen. Daß dabei andere Teile auf der Strecke bleiben, liegt in der Natur von Buchverfilmungen an sich und der Harry Potter-Verfilmungen im besonderen. Im Gegensatz zum zweiten und dritten Teil vom Herrn der Ringe, die in der Filmversion von monumentaler Schlachtenszenerie geprägt sind, scheint es der Harry Potter-Verfilmung zu gelingen, die Gewißheit der drohenden Gefahr und ihrer Unausweichlichkeit in die filmische Bildersprache umzusetzen: Harry weiß (wie Frodo), daß er nur durch das Leid, durch die offene Konfrontation mit dem Bösen in der Höhle des Löwen zum Ziel gelangen kann, daß er um des Heils der Welt willen sich selbst der Todesgefahr, ja dem Tod selbst ausliefern muß. Er weiß -- und das ist, was für mich beide Bücherreihen so faszinierend macht --, daß die Erlösung nur durch das Kreuz erlangt werden kann. Schade, daß die FAZ-Rezensentin das nicht erkannt hat.
Freitag, 29. Oktober 2010
Ich schreibe wie...
Johannes und Jacopone haben's schon vorgemacht, ich bin ein Herdentier und folge. Wie schreibe ich also (laut FAZ)?
Wenn man die Blogsuche von Google bemüht, dann scheint dieser Algorithmus hauptsächlich Freud und Goethe auszuspucken, entsprechend war ich nicht sonderlich überrascht, daß das erste Ergebnis (aus meiner Doktorarbeit) "Freud" ergab. Auch der eine oder andere Blogeintrag unterstellte mir eine stilistische Nähe zum Begründer der Psychoanalyse. Eine ganze Reihe weiterer Artikel soll angeblich Goethe nahekommen. Erstaunlich, daß ich angeblich schreibe, wie zwei Leute, deren Schriften mich immer gelangweilt haben. Kein gutes Zeichen.
Interessanter sind aber die Zufallstreffer. "Metal-Orden" soll stilistisch Kafka ähneln (was ich als große Ehre empfinde, ich mag Kafka), "Wie gut daß ich katholisch bin..." hingegen Daniel Kehlmann (kann ich gut mit leben). Auch mit den Vergleichen mit Thomas Bernhards ("Grauen des Lebens") und Peter Handkes ("Osterfreude") Stil könnte ich mich noch anfreunden. Über Rainald Goetz ("Schon lange...") und Melinda Nadj Abonji ("Bei Geburt geschlachtet") kann ich mich nicht äußern, bis eben wußte ich nicht einmal, daß es Menschen dieses Namens gibt. Auch daß "Destruktionstheologie" angeblich dem verquasten Stil von Hegel ähneln soll, kann ich zumindest auf wissenschaftlicher Ebene noch akzeptieren.
Das Ergebnis meines allerersten Postings hat mich jedoch zum sofortigen Abbruch des Experiments gezwungen. Mit diesen die deutsche Sprache vergewaltigenden Stil will ich nichts zu tun haben (selbst, wenn mir für dieses Posting mal der Literaturnobelpreis verliehen werden sollte!): Günter Grass. P.S.: Dieses Posting ist mal wieder ein Freud.
Wenn man die Blogsuche von Google bemüht, dann scheint dieser Algorithmus hauptsächlich Freud und Goethe auszuspucken, entsprechend war ich nicht sonderlich überrascht, daß das erste Ergebnis (aus meiner Doktorarbeit) "Freud" ergab. Auch der eine oder andere Blogeintrag unterstellte mir eine stilistische Nähe zum Begründer der Psychoanalyse. Eine ganze Reihe weiterer Artikel soll angeblich Goethe nahekommen. Erstaunlich, daß ich angeblich schreibe, wie zwei Leute, deren Schriften mich immer gelangweilt haben. Kein gutes Zeichen.
Interessanter sind aber die Zufallstreffer. "Metal-Orden" soll stilistisch Kafka ähneln (was ich als große Ehre empfinde, ich mag Kafka), "Wie gut daß ich katholisch bin..." hingegen Daniel Kehlmann (kann ich gut mit leben). Auch mit den Vergleichen mit Thomas Bernhards ("Grauen des Lebens") und Peter Handkes ("Osterfreude") Stil könnte ich mich noch anfreunden. Über Rainald Goetz ("Schon lange...") und Melinda Nadj Abonji ("Bei Geburt geschlachtet") kann ich mich nicht äußern, bis eben wußte ich nicht einmal, daß es Menschen dieses Namens gibt. Auch daß "Destruktionstheologie" angeblich dem verquasten Stil von Hegel ähneln soll, kann ich zumindest auf wissenschaftlicher Ebene noch akzeptieren.
Das Ergebnis meines allerersten Postings hat mich jedoch zum sofortigen Abbruch des Experiments gezwungen. Mit diesen die deutsche Sprache vergewaltigenden Stil will ich nichts zu tun haben (selbst, wenn mir für dieses Posting mal der Literaturnobelpreis verliehen werden sollte!): Günter Grass. P.S.: Dieses Posting ist mal wieder ein Freud.
Samstag, 28. August 2010
Die Mutrauber wehren sich
Mir verschlägt es ehrlichgesagt die Sprache. Vor kurzem ging ja der FAZ-Artikel "Im Land der Mutlosen" durch die Blogoezese. Inzwischen wurden insgesamt sechs Leserbriefe abgedruckt. Immer zwei in der Woche, wenn ich mich nicht irre, und immer schön am Ende derselben, damit mir die Energie fehlt, selbst einen zu schreiben. Denn die sind -- vorsichtig vormuliert -- einseitig.
Einer war etwa mit "Achtundsechzigerkirche" überschrieben. Da dachte ich noch, wow, so deutlich? -- Pustekuchen. Da wurde ausdrücklich eine Achtundsechzigerkirche gefordert, in der die Laien sagen was sie denken. Und was sie denken, darin sind sich alle sechs Leserbriefe völlig einig: Zölibat muß weg, Frauenpriestertum her und Kirche demokratisiert werden. Soviel Blödheit auf einem Haufen! Als ob das nicht seit Jahrzehnten dieselbe Leier wäre!
Nur fehlt der gegenteilige Eindruck auf den Leserbriefseiten. Ich weiß ja nicht, ob es wirklich keine anderen Leserbriefe gibt oder ob die FAZ hier zensiert, aber ich weiß, was die Bischöfe denken werden, wenn sie diese völlig übereinstimmenden Leserbriefe lesen...
Diese Einseitigkeit muß sich ändern, und darum knüpfe ich mal an diese Diskussion an und weise hiermit feierlich darauf hin: Schreibt Leserbriefe!
Einer war etwa mit "Achtundsechzigerkirche" überschrieben. Da dachte ich noch, wow, so deutlich? -- Pustekuchen. Da wurde ausdrücklich eine Achtundsechzigerkirche gefordert, in der die Laien sagen was sie denken. Und was sie denken, darin sind sich alle sechs Leserbriefe völlig einig: Zölibat muß weg, Frauenpriestertum her und Kirche demokratisiert werden. Soviel Blödheit auf einem Haufen! Als ob das nicht seit Jahrzehnten dieselbe Leier wäre!
Nur fehlt der gegenteilige Eindruck auf den Leserbriefseiten. Ich weiß ja nicht, ob es wirklich keine anderen Leserbriefe gibt oder ob die FAZ hier zensiert, aber ich weiß, was die Bischöfe denken werden, wenn sie diese völlig übereinstimmenden Leserbriefe lesen...
Diese Einseitigkeit muß sich ändern, und darum knüpfe ich mal an diese Diskussion an und weise hiermit feierlich darauf hin: Schreibt Leserbriefe!
Dienstag, 10. August 2010
[Update] Wie? Jesus gab's wirklich?
So, jetzt ist der gestern erwähnte Artikel "Im Land der Mutlosen" auch online frei zugänglich. Alle Mann zum Lesen antreten!
Montag, 9. August 2010
Wie? Jesus gab's wirklich?
Meiner Erwartung, daß schon irgendjemand den Artikel "Im Land der Mutlosen" von Hannes Hintermeier in der Samstagsausgabe der FAZ lobend erwähnen würde, hat Dorothea ja schon voll erfüllt. Den Witz, mit dem der Artikel beginnt, muß ich aber trotzdem nochmal zitieren, weil er nicht nur ziemlich böse ist und damit meinen Humor trifft, sondern leider auch ziemlich realitätsnah ist:
Klingelt das Telefon im Kloster. Anruf aus dem Heiligen Land: "Wir haben das Grab von Jesus gefunden, und er lag drin!" Darauf der Pater: "Den gab's wirklich?"
Mittwoch, 14. Juli 2010
Der Vollständigkeit halber...
...sei angemerkt, daß es bei Daniel Deckers wieder eingehakt hat. Über die Entscheidung der Kirche von England, Frauen als Bischöfe zuzulassen, schreibt er heute:
"Viele Kirchen des Südens halten das Wohlwollen der Episkopal Church in den Vereinigten Staaten und der Church of England gegenüber Homosexuellen und Frauen im Bischofsamt für eine neue Spielart des weißen Imperialismus. Nicht nur die Schrift und die Tradition haben sie auf ihrer Seite, sondern auch die Demographie. Wenn die Anglikanische Kirche dieses Jahrhundert überlebt, dann nicht als 'weiße' Kirche."
Sonntag, 11. Juli 2010
What the...?!
Wenn das so weitergeht, wird aus meinem Blog noch ein Deckers-Watch-Blog. Diesmal (Samstagsausgabe, S. 8) ist es zwar "nur" ein auch als solcher gekennzeichneter Kommentar zur Rehabilitierung von Abt und Prior des Klosters Ettal:
Ich frage mich allerdings, woran Deckers hier bewußt oder unbewußt arbeitet. Implizit bedeutet sein Kommentar doch, daß die Kirche nicht selbst Vorfälle untersuchen dürfe. Wäre die Visitation nicht durch Benediktiner sondern durch Franziskaner oder auch Weltpriester erfolgt, hätte Deckers vermutlich sinngemäß geschrieben: Was kann man schon erwarten von einer Vistiation ausgerechnet durch Angehörige einer anderen Odensgemeinschaft bzw. der beschuldigten Kirche. Oder anders gefragt: Gilt für Deckers nicht, daß die Kirche -- unbeschadet des jedem Bürger zukommenden Rechtes, die staatlichen Stellen einzuschalten, wenn er von einer mutmaßlichen Straftat erfährt -- das Recht hat, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln? Denn genau darum geht es doch bei dem hier in Frage stehenden Fall: Wurden die (nur) innerkirchlich geltenden Regeln befolgt oder verletzt?
Das heißt natürlich nicht, daß hier roma locuta, causa finita gelten muß (obwohl Deckers selbst das vor kurzm im Falle Bischof Mixas gefordert hat; aber das gilt vermutlich nur, wenn Rom in seinem Sinn entscheidet). Natürlich kann man beklagen, daß der Visitationsbericht nicht öffentlich zugänglich ist. Allerdings sollte man schon ein paar sachliche Indizien dafür haben, daß hier etwas verschwiegen oder vertuscht wird, und nicht nur die vage Ahnung, daß Benediktiner anderen Benediktinern kein Auge auskratzen würden. Daß Katholiken dazu auch ohne klaren Grund fähig sind, ist jedenfalls offensichtlich. Aber dieser Blogeintrag stammt natürlich auch von jemandem, der vermutlich "noch immer nicht begriffen" hat, daß seine Vorstellung von Gerechtigkeit "jedem auch noch so absurden Zweifel an der Integrität der Institution und der sie repräsentierenden Personen Vorschub leistet". Herrliches Totschlagargument!
"Jetzt haben wir es gewissermaßen amtlich: Was immer in der Benediktinerabtei Ettal vor einigen Jahren zwischen einem Pater und einem Schüler vorgefallen ist, war nie von der Art, daß es dem Mißbrauchsbeauftragten des Erzbistums München hätte zu Ohren kommen müssen. Das kann man glauben, muß es aber auch nicht."Die Begründung lautet: Was hätte auch anderes herauskommen sollen, wenn man einen Benediktiner andere Benediktiner überprüfen läßt. Zudem fehle jegliche Begründung für das Urteil.
"Unabhängig voneinander sprechen beide Indizien dafür, daß maßgebliche Kräfte in der katholischen Kirche noch immer nicht begriffen haben, daß ihre Form der 'Aufklärung' jedem auch noch so absurden Zweifel an der Integrität der Institution und der sie repräsentierenden Personen Vorschub leistet."Ganz davon abgesehen, daß eine solche "Prophetie" sich selbst erfüllt, weil sie selbst genau diese absurden Zweifel fördert, zeigt der glücklicherweise nicht von Deckers stammende Artikel auf Seite vier etwas mehr sachliche Substanz. Hier nochmal die Zusammenfassung: Es geht in der Rehabilitierung ausschließlich um die Meldepflicht eines einzigen Falles aus dem Jahr 2005. Der betreffende Pater wurde vorsichtshalber versetzt (sowohl an einen anderen Ort, was bei der benediktinischen stabilitas loci schon ein gewisses Zeichen darstellt, als auch zunächst in den Verwaltungsdienst), obwohl in einem Gutachten bescheinigt wurde, daß das vorgefallene Streicheln keinerlei Anhaltspunkte für sexuellen Mißbrauch oder Pädophilie aufweise, auch wenn es bei einem "bäuchlings auf dem Bett" liegenden Schüler "unter dem T-Shirt" erfolgte. Gut, ich war nicht dabei, Daniel Deckers allerdings auch nicht. Da die Patres in einem Internat durchaus die Elternrolle miterfüllen müssen, sehe ich als Vater von vier Kindern hier allerdings auch keinerlei Anhaltspunkte für sexuellen Mißbrauch oder Pädophilie -- es sei denn, wir leben bereits unter einer Diktatur der Verdachtshermeneutik, in der jeder noch so absurde Verdacht widerlegt werden müßte. Zum Glück gilt bei uns selbst in solchen Fällen immer noch in dubio pro reo.
Ich frage mich allerdings, woran Deckers hier bewußt oder unbewußt arbeitet. Implizit bedeutet sein Kommentar doch, daß die Kirche nicht selbst Vorfälle untersuchen dürfe. Wäre die Visitation nicht durch Benediktiner sondern durch Franziskaner oder auch Weltpriester erfolgt, hätte Deckers vermutlich sinngemäß geschrieben: Was kann man schon erwarten von einer Vistiation ausgerechnet durch Angehörige einer anderen Odensgemeinschaft bzw. der beschuldigten Kirche. Oder anders gefragt: Gilt für Deckers nicht, daß die Kirche -- unbeschadet des jedem Bürger zukommenden Rechtes, die staatlichen Stellen einzuschalten, wenn er von einer mutmaßlichen Straftat erfährt -- das Recht hat, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln? Denn genau darum geht es doch bei dem hier in Frage stehenden Fall: Wurden die (nur) innerkirchlich geltenden Regeln befolgt oder verletzt?
Das heißt natürlich nicht, daß hier roma locuta, causa finita gelten muß (obwohl Deckers selbst das vor kurzm im Falle Bischof Mixas gefordert hat; aber das gilt vermutlich nur, wenn Rom in seinem Sinn entscheidet). Natürlich kann man beklagen, daß der Visitationsbericht nicht öffentlich zugänglich ist. Allerdings sollte man schon ein paar sachliche Indizien dafür haben, daß hier etwas verschwiegen oder vertuscht wird, und nicht nur die vage Ahnung, daß Benediktiner anderen Benediktinern kein Auge auskratzen würden. Daß Katholiken dazu auch ohne klaren Grund fähig sind, ist jedenfalls offensichtlich. Aber dieser Blogeintrag stammt natürlich auch von jemandem, der vermutlich "noch immer nicht begriffen" hat, daß seine Vorstellung von Gerechtigkeit "jedem auch noch so absurden Zweifel an der Integrität der Institution und der sie repräsentierenden Personen Vorschub leistet". Herrliches Totschlagargument!
Freitag, 9. Juli 2010
Angry Neurotic Catholic
Daß es bei Daniel Deckers ab und zu einmal aushakt, dessen bin ich mir ja bewußt, und damit lebe ich schon das eine oder andere Jahr. Neu ist allerdings, daß "es" jetzt nicht mehr wieder einhakt. Heute hat es mir bei der FAZ-Lektüre glatt die Sprache verschlagen, als ich die Vorstellung Bischof Zdarsas durch Daniel Deckers las:
Meine Güte! Ich weiß ja nicht, was Deckers so raucht, aber er sollte es reduzieren. Jedenfalls tut er sich und der FAZ damit keinen Gefallen. Bischof Zdarsa und die Kirche wird es wohl gerade so überstehen.
Leider gibt es den Song, der mir jetzt schon den halben Tag im Kopf rumschwirrt, nicht in der Carnivore'schen Originalversion im Netz (jedenfalls nicht legalerweise). Dafür brauche ich mir halt keinen tollen Postingtitel auszudenken.
"Daß zwischen der Annahme des Amtsverzichts [Bischof Mixas] Mitte Mai und der Ernennung eines Nachfolgers nicht einmal zwei Monate vergingen, sagt indes mehr über die dramatische Lage in dem von [Bischof] Mixa seit 2005 geleiteten Bistum aus als über die Qualifikation des neuen Bischofs. Bis auf wenige Jahre, die Zdarsa zur Promotion im Fach Kirchenrecht in Rom verbrachte, war er stets in der recht überschaubaren Welt des ostdeutschen Diaspora-Katholizismus beheimatet, ohne darin durch überdurchschnittliche Gaben etwa als Seelsorger oder Intellektueller aufzufallen. Allerdings stellte sich auf der Suche nach einem Nachfolger [Bischof] Mixas bald heraus, daß Zdarsa dser Einzige sei, der dem wichtigsten aller Erfordernisse genügen könne: Verfügbarkeit."Aha. Konrad Zdarsa ist also nur Bischof geworden, weil er nichts anderes konnte; wahrscheinlich war schon seine Berufung zum Generalvikar nur dem Schutz des Pastoralviehs geschuldet. Zum Bischof eines schwierigen Bistums wählt Papst Benedikt auch lieber einen unfähigen Nichtstuer aus, der zufälligerweise gerade abkömmlich ist, anstatt einen in schwieriger Situation bewährten Bischof, dem er zutraut, ruhig, aber beharrlich die tiefen Gräben im Bistum zu überwinden. Priester und Bischof in einer Gegend zu sein, wo nur selten mehr als 5% der Bevölkerung katholisch sind, ist nicht mehr als ein Kindergeburtstag. Überhaupt ist ja die "überschaubare Welt" des katholischen Ostens der Traum eines jeden deutschen Katholiken, weil es sich dort ja so beruhigt unhinterfragt katholisch sein läßt. Deshalb ja auch der westdeutsch-katholisch Exodus ins Stammland der Reformation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Meine Güte! Ich weiß ja nicht, was Deckers so raucht, aber er sollte es reduzieren. Jedenfalls tut er sich und der FAZ damit keinen Gefallen. Bischof Zdarsa und die Kirche wird es wohl gerade so überstehen.
Leider gibt es den Song, der mir jetzt schon den halben Tag im Kopf rumschwirrt, nicht in der Carnivore'schen Originalversion im Netz (jedenfalls nicht legalerweise). Dafür brauche ich mir halt keinen tollen Postingtitel auszudenken.
Mittwoch, 23. Juni 2010
Gut Ding will Weile haben
Wenn Deckers nur halb so sachlich geblieben wäre wie Jörg Bremer, hätte ich nicht mal im Traum an eine Abokündigung gedacht. Möge "jöb" ein würdiger Nachfolger für "hjf" werden!
Den römischen Unmut über die Deutschen Bischöfe kann ich gut nachvollziehen. Wenn man weiß, daß Bischof Mixa ein Alkoholproblem hat, sollte man doch auch entsprechend nachsichtig auf ihn reagieren, anstatt ihm Vorlagen zu bieten... Und ja, dem Menschen Walter Mixa muß geholfen werden.
Den römischen Unmut über die Deutschen Bischöfe kann ich gut nachvollziehen. Wenn man weiß, daß Bischof Mixa ein Alkoholproblem hat, sollte man doch auch entsprechend nachsichtig auf ihn reagieren, anstatt ihm Vorlagen zu bieten... Und ja, dem Menschen Walter Mixa muß geholfen werden.
Dienstag, 22. Juni 2010
Der Papst boxt wieder
Da kommt man nach einem internet- und nachrichtenfreien Wochenende nach hause, denkt sich nichts böses und schlägt die Zeitung auf -- und liest:
Legten nicht dereinst die bei der FAZ wert auf korrektes und eindeutiges Deutsch? Gut, in der Internetversion gab es schon so einiges, was dem Anspruch der FAZ nicht wirklich entsprach, und auf den hinteren Seiten der gedruckten Fassung kam es schon ab und an zu Aussetzern. Aber auf der ersten Seite beim Untertitel des Aufmachers?! Honi soit qui mal y pense. Entweder sind die jetzt doof oder böswillig. Jedenfalls habe ich mir ernsthaft überlegt, das Abo zu kündigen, aber die Tagespost ist kein wirklicher Ersatz für die FAZ. Trotzdem finde ich es traurig, daß meine einst so geliebte FAZ langsam aber sicher den Bach runtergeht. Als es zu dem Titelbild kam, hieß es noch, der Inhalt ändere sich ja dadurch nicht. Nö, der hatte sich wohl schon vorher zu verändern begonnen.
Ich schweife ab. Der Artikel von Daniel Deckers war zudem sowas von schlecht, daß ich es trotz der breiten Rezeption bisher nicht übers Herz gebracht habe, mir auch noch den längeren FAS-Artikel anzutun. Auch ist der Kommentar von Günther Nonnenmacher, der die berechtigte Frage stellt, warum nicht viel früher gehandelt wurde, wenn das alles seit Jahren bekannt gewesen sein soll, kein wirkliches audiatur et altera pars. Ich vermisse Heinz-Joachim Fischer als Ruhepol und Gegengewicht gegen den Aktivisten Deckers. "hjf" hatte es damals tatsächlich geschafft, völlig neutral oder gar fast mit gewissem Wohlwollen die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bischöfe zu berichten, während D.D. ein paar Seiten weiter bereits zum Sturmangriff blies...
Nein, das ist alles nicht mehr schön. Da hilft nur noch die Flucht ins Absurde.
"Benedikt XVI. wusste von schwerwiegenden Verfehlungen Mixas. Alkoholsucht und sexuelle Übergriffe / Gute Ratschläge waren jahrelang abgeprallt"MOMENT MAL?! Startet die FAZ jetzt einen Angriff auf den Papst??? Noch dazu mit einer Schlagzeile, die nach Bild klingt? Nein, nicht ganz. Am Ende des Artikels wußte ich: Die Ratschläge waren nicht am Subjekt, sondern am Genitivobjekt der Hauptschlagzeile abgeprallt. Aber hallo!
Legten nicht dereinst die bei der FAZ wert auf korrektes und eindeutiges Deutsch? Gut, in der Internetversion gab es schon so einiges, was dem Anspruch der FAZ nicht wirklich entsprach, und auf den hinteren Seiten der gedruckten Fassung kam es schon ab und an zu Aussetzern. Aber auf der ersten Seite beim Untertitel des Aufmachers?! Honi soit qui mal y pense. Entweder sind die jetzt doof oder böswillig. Jedenfalls habe ich mir ernsthaft überlegt, das Abo zu kündigen, aber die Tagespost ist kein wirklicher Ersatz für die FAZ. Trotzdem finde ich es traurig, daß meine einst so geliebte FAZ langsam aber sicher den Bach runtergeht. Als es zu dem Titelbild kam, hieß es noch, der Inhalt ändere sich ja dadurch nicht. Nö, der hatte sich wohl schon vorher zu verändern begonnen.
Ich schweife ab. Der Artikel von Daniel Deckers war zudem sowas von schlecht, daß ich es trotz der breiten Rezeption bisher nicht übers Herz gebracht habe, mir auch noch den längeren FAS-Artikel anzutun. Auch ist der Kommentar von Günther Nonnenmacher, der die berechtigte Frage stellt, warum nicht viel früher gehandelt wurde, wenn das alles seit Jahren bekannt gewesen sein soll, kein wirkliches audiatur et altera pars. Ich vermisse Heinz-Joachim Fischer als Ruhepol und Gegengewicht gegen den Aktivisten Deckers. "hjf" hatte es damals tatsächlich geschafft, völlig neutral oder gar fast mit gewissem Wohlwollen die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bischöfe zu berichten, während D.D. ein paar Seiten weiter bereits zum Sturmangriff blies...
Nein, das ist alles nicht mehr schön. Da hilft nur noch die Flucht ins Absurde.
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