Freitag, 5. Februar 2010

Destruktionstheologie?

Eigentlich hatte ich in Anknüpfung an das Posting über das Häßliche und Obszöne an eine kleine Hommage an H.R. Giger (u.a. der künstlerische Vater des Alien) gedacht, der just heute 70 wird. Allerdings war ich mir dann doch nicht sicher, ob ich selbst die jugendfreien Bildern allen meinen Lesern unvorbereitet zumuten kann... ;-P

Darum also doch ein Posting zu einem Artikel, über den ich mich heute geärgert habe (Wolfgang Pauly, Mission - Inkulturation - reziproke Interkulturation. Aspekte zur Begegnung zwischen Christentum und anderen Kulturen, in Orientierung 73, 2009, 123-125):

Uargh! Wie soll das mit der Inkulturation denn funktionieren, wenn sie offenbar bedeutet, möglichst viel über Rom und europäische Theologie zu schimpfen - obwohl man sie offenbar gar nicht verstanden hat?! Dient "Inkulturationstheologie" nur dazu, das eigene Unwissen zu kaschieren?

Das "Prinzip der Relationalität" (in der pseudo-südamerikanischen "andinen Philosophie", die sich natürlich ein in Südamerika lebender Europäer ausgedacht hat, natürlich in Anknüpfung an das Denken der Indios; ist wohl nur zufällig total modern) paßt so wunderbar zur mittelalterlichen Metaphysik, daß es geradezu ein Irrsinn ist, wenn als Fazit Gott nicht mehr als "das Absolute" anerkannt werden kann, weil das bedeutete, daß Gott aus aller Relationalität herausfalle und folglich nicht das volle Sein, sondern Nichts sei. Daß die aristotelische Metaphysik bezüglich der Eigenschaft Relation (Beziehung) so ihre Schwächen hat, d'accord. Aber kein geringerer als Thomas von Aquin selbst baute seine Trinitätstheologie genau auf der nun als wesensbestimmend verstandenen Relation auf, die nach Aristoteles die schwächste aller Akzidenzien ist!

Und so hat Thomas die Relation dermaßen aufgewertet, daß sie mit der "andinen Philosophie" locker flockig kompatibel wäre - wenn man denn nur wollte und Gott Gott sein ließe: Denn als der Absolute - und der damit tatsächlich aus der dieser Welt immanenten Relationalität Herausfallende - ist Gott gerade Grundlage und Möglichkeitsbedingung von Beziehung, Relationalität! Man müßte ihn dann halt nur als Schöpfer und die Beziehung zu ihm als eine besondere, nicht gleichberechtigte, sondern asymmetrische anerkennen.

Vielleicht sollte man da mal mit Theologie und nicht mit (meist auch noch idealistischer) Philosophie rangehen. Dann klappt's womöglich auch mit der Inkulturation. Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß das gar nicht gewollt ist, daß die "Inkultutrationstheologie" aktiv an der Destruktion einer bestimmten kulturellen Ausprägung des Christentums, nämlich der römischen, gearbeitet wird. Was sollte sonst etwa der (selbst im Kontext von Inkulturationstheologie) völlige Quatsch, Inkulturationsergebnisse von sonstwo nach Europa, also einen ganz anderen kulturellen Raum, importieren zu wollen? Statt dem verdammten Eurozentrismus jetzt also Eurorelativismus...

Nachtrag: Wenn sich sogar die Kritik an "auf die konkreten Wünsche für ein gelingendes diesseitiges Leben" ausgerichteten neuen religiösen Bewegungen in Japan einzig und allein auf "die Nähe mancher Gruppe zu ultrakonservativen politischen Bewegungen und deren meist unhinterfragtes Autoritätsverständnis" (S. 124) beschränkt, fällt mir zu dieser Theologie- und Transzendenz-, ja Gottesvergessenheit echt nichts mehr ein - außer: Wo ist hier eigentlich die geforderte vorurteilsfreie Offenheit gegenüber einer fremden Kultur?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen