Freitag, 21. Januar 2011

Zum Dialog in die Ecke gestellt

Bruder Paulus hat in einem Beitrag für die GKP einen Beitrag über die Frage, ob es zweierlei Katholischsein gibt, geschrieben. Den Grundimpuls dieses Beitrags halte ich für richtig und wichtig: Es muß darüber gesprochen werden, was "Katholischsein" eigentlich bedeutet. Auch Bruder Paulus' Anliegen einer echt katholischen Weite -- die dann aber eben auch die Differenzen in Brüderlichkeit aushalten sollte -- teile ich. Sicher ist jedenfalls nur: Eine Kirche, die von einem großen Graben durchzogen wird, ist nicht katholisch, und daran müßte eigentlich jeder Katholik leiden. Man muß sich ja nicht gleich lieben, aber ein wenig Neugierde in beide Richtungen wäre hilfreich. Sie setzt aber voraus, daß sie nicht durch persönliche Attacken zerstört wird. Wer sich seines Glaubens wirklich sicher ist, braucht sich durch die Existenz abweichender Meinungen janicht bedroht zu fühlen.

Soweit stimme ich mit Bruder Paulus überein. Ich muß allerdings zugeben: So sicher bin ich mir meines Glaubens auch wieder nicht. Wenn die Position des Lehramtes in Sachen "Weihepriestertum nur für den Mann, Zölibat, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen" infragegestellt werden, dann fühle ich mich, meinen Glauben und die Kirche in Frage gestellt (gut, bei "Zölibat" fühle ich mich nicht in Frage gestellt, sondern wundere mich nur noch über diese Phantomdiskussion). Wieviel Katholizität kann denn in einem Glauben stecken, der sich nicht in Gemeinschaft mit dem päpstlichen Lehramt verorten kann? Daß es selbst in dieser Gemeinschaft noch genug Spielraum für unterschiedliche Meinungen gibt, sei dabei vorausgesetzt, aber es geht in den Debatten doch nur selten um wirklich pastorale Lösungen, sondern darum, alle irgendwie lieb zu haben und keinem wirklich weh zu tun.

Genau an diesem Punkt setzt meine Kritik an Bruder Paulus' Artikel an, nämlich daß er selbst indirekt persönliche Attacken fährt und sich einseitig positioniert. Im "Tradi-Absatz" finden sich ständige Einschränkungen und Problematisierungen, im "Moderni-Absatz" braucht man schon ein wenig Phantasie, um in der Aufzählung Sinus-Milieu-Studie, religiöser Trendmonitor und "ungetrübter Blick auf die Kirchenaustritts-Statistik" eine gewisse (Selbst-)Ironie zu sehen. Doch diese bleibt deutlich hinter den pejorativen Formulierungen wie "aus dieser Ecke", "beim näheren Hinsehen auffällig viele Formulierungen aus vorkonziliarer Zeit" und "Formen des Glaubens von vorgestern" im Absatz davor zurück, die im verurteilenden: "Wer echt katholisch ist, sieht hoffentlich weiter", gipfeln. Da wird man zum Dialog aufgefordert und gleich in die Ecke gestellt! *kopfschüttel*

Der Fehler liegt aber nicht einmal in der Ausführung, sondern schon im Grundkonzept des Artikels. Bruder Paulus hat den Ansatz gewählt, beide Positionen in ihren Schwächen darzustellen. Ich fürchte, so kommen wir nicht weiter. Wer ständig nur auf die Schwächen des anderen starrt, wird kaum dessen Schönheit erkennen können. Meine Ehe funktioniert jedenfalls (nur) anders. Wie wäre es also, lieber die Stärken zu sammeln? Dafür müßte man nicht einmal so wesentlich die Details zu ändern. Denn die Stärke der "Modernis" ist sicher, gesellschaftliche Entwicklungen aus ihrer Eigenlogik heraus zu verstehen; die der "Tradis" aber, das ganze Glaubensgut den weltlichen Eigenlogiken entegenzustellen.

Bleibt nur noch anzumerken, daß ich mich in der Dichotomie von "Tradis" und "Modernis" überhaupt nicht wiederfinde. Die katholische Kirche ist längst viel pluraler als die üblichen Grabenkämpfe vermuten lassen. Nur wird offenbar jeder in eins der beiden Lager gesteckt. Schubladen sind ja so praktisch...

6 Kommentare:

  1. Ja, man erfährt im Gespräch mit anderen immer wieder, daß sich das Schubladendenken in der Praxis gar nicht so leicht umsetzen läßt. Aber es ist natürlich einfacher, die Gesellschaft in "progressiv" und "konservativ" einzuteilen. Und irgendwie scheint das eine Art Samaritereffekt zu sein, daß meine Sympathie meist der Gruppe mit dem schlechteren Image gilt.

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  2. Yo, geht mir genauso. Und wenn man diese Sympathie äußert, gehört man sofort "zu denen". Supi.

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  3. Das stimmt, wenn man sich im eigenen Graben umschaut wundert man sich schon, wer da noch so reingesteckt wurde.

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