Mittwoch, 11. April 2012

Auf Sand gebaut?

Irgendwann in den nächsten zwei bis drei Jahren dürfte ich mein zwanzigjähriges Internetjubiläum haben. Am Anfang war es ein großes Spielzeug, eine Möglichkeit, andere Bekloppte kennenzulernen, was bei mir damals eher mit Al Bundy als mit Jesus Christus zu tun hatte... Richtig spannend wurde es erst nach der Entdeckung des Usenets (Foren waren mir mit 'nem Modem einfach zu langsam, und umständlich finde ich sie heute noch; bei den sozialen Netzwerken fehlt mir das "hierarchische Element" ;-). Und damit begann auch mein "Beklopptheitswandel" zu mehr Glaubensdiskussionen.

Meine Erfahrung war ziemlich schnell, vor allem in der Auseinandersetzung mit Freikirchlern, daß es uns Katholiken zum einen ganz mächtig an Faktenwissen mangelt, zum anderen aber an einer spezifischen Katholiziät in der Argumentation. Wenn ich mich auf eine Diskussion mit einem Freikirchler einlasse, ohne mir bewußt zu sein, daß ich seine Voraussetzung der rein biblischen Argumentation nicht teile, dann habe ich früher oder später das Problem, daß ich ihm die katholische Lehre nicht erklären und schon gar nicht begründen kann. Denn ich argumentiere ja gar nicht katholisch, sondern freikirchlich. Wie soll da also was Katholisches bei rumkommen? Zum Glück gab es da immer auch ein paar besonders "Bekloppte", die genau diese Diskrepanz thematisierten: "Klar, unter deinen Voraussetzungen kann man das gar nicht anders denken. Aber wir Katholiken haben andere Voraussetzungen. Und daß nur die Schrift allein zähle, läßt sich mit ihr selbst gar nicht begründen. Wohl aber die Tradition, denn die ist älter."

In den Folgejahren habe ich das dann anzuwenden versucht. Die neue Erfahrung war: Wenn man wirklich von den Grundlagen bis zu den Details katholisch argumentiert, erreicht man zwar nicht unbedingt Zustimmung, schon gar nicht existentielle, aber doch selbst von bekennenden Atheisten Respekt für die (wider Erwarten?) vorhandene innere Logik des christlichen (katholischen) Glaubens. Und manchmal auch mehr.

Reißt man aber auch nur an einer kleinen, nach der Hierarchie der Wahrheiten vermeintlich unbedeutenden Stelle ein notwendiges Element der Lehre heraus, bricht über kurz oder lang das ganze, über knapp 2000 Jahre sorgsam austarrierte Gebäude zusammen. Eine Zeitlang wird man mit wilden Stützbauten den Zusammenbruch noch aufhalten können, aber für diese Stützbauten muß man weitere tragende Elemente abtragen, die dann ihrerseits Stützbauten brauchen. Schließlich werden diese Stützbauten aber nicht mehr auf dem tragenden Fundament stehen, das Christus selbst ist. Spätestens dann wird einem die ganze Bautätigkeit um die Ohren fliegen.

Liegt also die gegenwärtige Schwäche der katholischen Kirche (im deutschsprachigen Raum) zu einem nicht ganz unwesentlichen Teil nicht daran, daß schon die Grundlagen nicht bekannt sind und intuitiv eher protestantisierende Selbstverständlichkeiten für katholisch gehalten werden? Erst kürzlich hatte ich eine Diskussion in eigentlich bewußt-katholischem Kontext. Die Mitdiskutanten haben den Vorwurf des Protestantisierens entrüstet von sich gewiesen. Und doch lief da immer untergründig so eine unkatholische "Fortschrittsfeindlichkeit" mit, nach der eine Lehre, die erst im Mittelalter entstand und heute nochmals ganz anders ausehe als zu ihrer Entstehung, ja nicht so wichtig sein kann. Tja, und es kam wie es kommen mußte: Nachdem diese Lehre über Bord gegangen war, wurden auch gleich weitere Lehren, mit denen ich argumentieren wollte, als offenbar "nicht mehr zeitgemäß" (oder so) abgelehnt. "Ad Fontes" in allen Ehren -- aber wo bleibt da der "Geist, der uns in alle Wahrheit einführen wird"?

Mich macht das immer ein wenig traurig. So wird das jedenfalls nichts mit der Neuevangelisierung...

1 Kommentar:

  1. Ok, jetzt wo ich's veröffentlicht habe, erinnere ich mich dunkel, daß ich so einen Post schonmal rausgehauen habe. Na gut, ist es wenigstens tatsächlich was, was mich immer wieder beschäftigt :-/

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