Donnerstag, 4. Februar 2010

The Joke Is on You...

Vor ein paar Tagen hat Elsa eine kathweb.at-Meldung aufgegriffen, nach der Pater von Gemmingen, 27 Jahre lang Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, in einem Beitrag in der Herderkorrespondenz die vatikanische Medienarbeit kritisiere - was natürlich in dieser Form auf ihn selbst zurückfiele, wie Elsa zu Recht andeutet.

Der eigentliche Witz an dieser kathweb.at-Meldung ist, daß sie genau das tut, was Pater von Gemmingen in der HK kritisiert: Die Medien drehen jedem Katholiken das Wort im Munde um.
Als ich in einer Sendung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) die Frage beantwortete hatte, ob der Papst nach dem Williamson-Debakel zurücktreten könnte, schrieb eine Agentur "Gemmingen spekuliert über Papstrücktritt." Diese Schlagzeile war völlig falsch, denn ich hatte eindeutig gesagt, der Papst werde wegen Williamson nicht zurücktreten.
Genau so funktioniert auch die kathweb.at-Meldung: Was die Nebenschauplätze angeht, kritisiert der Pater eigentlich die deutsche Öffentlichkeit, die sich an solchen Themen aufgeilt, was die "Unprofessionalität" der vatikanischen Öffentlichkeitsarbeit angeht, kritisiert er die Gesetze der heutigen Medienwelt, die immer oberflächlicher werde und natürlich nur schlechte Nachrichten bringe. So schreibt er etwa über die Kondomgeschichte auf der Afrikareise, daß jeder halbwegs gebildete Afrikaner über die Europäer nur den Kopf schütteln konnte, daß sich die nicht für die wichtigeren Themen interessierten, die der Papst in Afrika sehr treffend benannt hätte. Des weiteren stellt er sich vor Benedikt, der es im Schatten des mediengewandten Johannes Paul II. nicht leicht habe:
Die Welt will Bilder und Events, will Oberflächlichkeiten und Schlagworte. Er [JoPa] hat dieses Bedürfnis auch bedient. [...] Er war ein "Papst zum Sehen". Benedikt ist ein "Papst zum Hören". Aber wer kann heute schon zuhören?
Erst auf der letzten halben Seite kommt er zum vorher mehrfach schon angedeuteten Anliegen, an der vatikanischen Pressearbeit etwas zu ändern - weil das eher möglich sei, als die gesellschaftlichen Realitäten und die Funktionsweise der Medienwelt. In diesem Kontext steht dann auch erst die Forderung nach einer eigentlichen Medienpolitik. Das klingt allerdings sehr viel harmloser, sachlicher und differenzierter, als wenn man das aus dem Zusammenhang reißt und so indirekt dem Vatikan (und nicht der deutschen Öffentlichkeit) die Schuld an den "Nebenkriegsschauplätzen" gibt.

Dabei schreibt er auch ganz deutlich, daß die Kirche sich keineswegs einfach anpassen dürfe, es gäbe nuneinmal eine Differenz zwischen Evangelium und Welt. (Und, das sei einmal von mir angemerkt, vielleicht will sich die Welt auch einfach bloß darum drücken, sich mit dieser Differenz auseinanderzusetzen.) In diesem Kontext beschreibt er auch den Relativismus als Grundproblem vatikanischer Öffentlichkeitsarbeit: Die Kirche muß verkündigen, muß ihre Wahrheit verkünden, aber die Welt ist skeptisch gegenüber jeglichem Wahrheitsanspruch. "Zwei Welten stoßen aufeinander" lautet eine Zwischenüberschrift.

Er meint jedoch, daß der Vatikan durch ein paar kleine Änderungen und etwas mehr Koordination seiner vatikanischen Medienarbeit, die öffentliche Meinung durchaus stärker beeinflussen könnte als durch eigene Zeitungen, Radios und Internetseiten. Denn diese seien gerade wegen ihres Urheber kaum meinungsbildend, und daran könne der Vatikan auch nichts ändern (s. o.: Evangelium und Welt). Den größten Impact hätten vielmehr die Meldungen der Nachrichtenagenturen, und hier müßte der Vatikan mit seiner Beeinflussung anfangen.

Damit habe ich schon einen Begriff gebraucht, den der Pater nicht verwendet: Beeinflussung. Denn genau darauf laufen doch die genannten "Mediengesetze" hinaus: Manipulation. Wollen wir das wirklich? Manipulation anstelle der Kraft des besseren Argumentes? Pater von Gemmingen deutet meiner Meinung nach die Antwort am Ende selbst an:
Die hoch interessante Auseinandersetzung zwischen Evangelium und moderner Welt muss ins Zentrum der Medienarbeit. Dafür wäre der Theologe Joseph Ratzinger auf dem Petrusstuhl eigentlich die richtige Person. Was er braucht, sind kreative Mitdenker.
In dieser Auseinandersetzung wird die Kirche keine Sonne sehen, wenn sie sich auf die Regeln der Welt einläßt. (Just my 2 Cents.)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen