...gibt es nicht, da sie nicht vermittelbar sind.
2008:
"Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der Einführung des Elterngelds und dem Anstieg der Geburtenrate in Deutschland."
2011:
"'Der Erfolg des Elterngeldes lässt sich nicht nach kurzer Zeit unmittelbar an der Geburtenrate ablesen', sagt die neue saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)."
Was 2008 noch völlig durchsichtig und für jeden halbwegs denkenden Menschen offensichtlich war, ist 2011 etwas besser verpackt und nicht sogleich als Nullaussage zu erkennen. Doch suggeriert Frau Kramp-Karrenbauer, auf lange Sicht würde dennoch die Geburtenrate durch das Elterngeld steigen.
Das hat unter anderem deshalb nichts mit der Realität zu tun, weil es einen an einer steigenden Geburtenrate erkennbaren Einfluß des Elterngeldes gar nicht geben kann. Denn die Geburtenrate bezieht sich auf Lebendgeborene je 1000 Einwohner und ist damit zu einem nicht ganz unwesentlichen Teil von langfristigen und unveränderbaren Daten abhängig: der Altersstruktur der Bevölkerung.
Da unsere Gesellschaft seit mehreren Jahrzehnten zunehmend überaltert, ist schon heute klar, daß die Geburtenrate in den nächsten 30 Jahren kontinuierlich sinken wird, egal welche Anreize man setzt. Denn da es in jedem neu in den statistisch als "gebärfähig" definierten Alterskorridor (15-49) nachrückenden Jahrgang deutlich weniger potentielle Mütter gibt als im gleichzeitig nach oben herausfallenden, müßten die Jüngeren deutlich mehr Kinder bekommen, um die absolute Kinderzahl zu halten. Mit anderen Worten: Auch wenn die Zahl der Kinder pro Frau im "gebärfähigen Alter" steigt, ja selbst wenn sie die "glorreichen" 2,1 erreichen würde, kämen absolut immer noch weniger Kinder zur Welt als im jeweiligen Vorjahr. Erst wenn jahrzehntelang die Zahl jenseits der 2,1 läge, könnte auch wieder mit steigender absoluter Kinderzahl gerechnet werden.
Leider gehört Statistik nicht gerade zu den Fachgebieten, für die sich jeder Deutsche interessiert, was auch nicht sonderlich überrascht, werden doch hier nur Verhältniszahlen angegeben, die interpretiert werden müssen. Und nur deshalb kommen Politiker mit solchen Unwissenheitsoffenbarungseiden wie den beiden oben zitierten durch.
Bleibt nur die Frage, ob mit statistischen Diskussionen überhaupt die eigentliche Frage getroffen ist. Wenn nur die Angst vor dem Zusammenbruch der Alterssicherung die Menschen zum Kinderkriegen motivieren sollte, dann täten mir die Kinder leid.
Hm, wenn ich die Meldung des Ärzteblattes aus 2008 richtig verstehe, spricht von der Leyen dort von der altersspezifischen Geburtenrate - und die kann natürlich durchaus steigen, auch wenn die absolute Geburtenrate sinkt.
AntwortenLöschenViele Grüße
Morgenländer
Jein, die Existenz verschiedener Geburtenziffern kommt noch erschwerend hinzu.
AntwortenLöschenMeine Erinnerung sagte mir, daß Frau von der Leyen 2008 ganz mächtig auf die Nase gefallen ist, da sie sich auf die absoluten Zahlen von 2007 bezog, aber eben auf die vorläufigen für die ersten 9 Monate, die hochgerechnet aufs ganze Jahr einen Anstieg erwarten ließen, der in den endgültigen Zahlen aber nicht eintrat (ein Minus im Oktober-Dezember glichen das vorangehende "Plus" wieder aus). Deshalb habe ich in dem Text natürlich nur gefunden, was ich gesucht habe :-)
Jetzt habe ich nochmal weiter gegoogelt und komme zu dem Ergebnis: Die Bezugszahl wechselt in den meisten Artikeln munter hin und her zwischen absoltuen und (verschiedenen) relativen Angaben.
Stützt meine These, daß komplexe Zusammenhänge nicht in der Politik vorkommen, weil sie sowieso nicht vermittelbar sind. Spätestens die Medien schmeißen da was durcheinander :-)
Mein Ursprungsimpuls für das Posting war die Gegenüberstellung der beiden sich diametral widersprechenden Aussagen. Eine von beiden muß falsch sein, und beim Schreiben kam ich dann auf den Trichter, daß es beide sind.