Freitag, 26. Februar 2010

Auslöschung

Krieg, wilkommen im
Krieg, mitten im
Krieg, kannst du ihn riechen, den
Krieg, kannst du ihn schmecken, den
Haß, keine Befreiung von
Haß, geistlicher
Haß, kannst du ihn ertragen, den
Haß

Fleisch, wilkommen im
Fleisch, mitten im
Fleisch, kannst du es riechen, das
Fleisch, kannst du es schmecken, das
Blut, wilkommen im
Blut, mitten im
Blut, kannst du es riechen, das
Blut, kannst du es schmecken, das
Blut

Ich will nicht mehr töten
Ich will nicht mehr töten
Ich will nicht mehr töten
Ich will nicht mehr töten

Ich werde nicht töten
Ich werde nicht töten
Ich werde nicht töten
Ich werde nicht töten

Der Himmel ist rot
von Hundertausender Blut
doch der Herscher will Hunderttausende mehr

Marsch, marsch, auf, nehmt den Hügel
der Befehl lautet zu schlachten und zu töten
Es ist Zeit, die Verluste auszugleichen

Als ich ins feindliche Feuer stürme
Habe ich nur einen Wunsch
Laß mich noch einmal das Morgen sehen

Explosionen überall
verwundet stürze ich zu Boden
Ich kämpfe mich auf die Knie und beginne zu beten

Weiß nicht, ob mein Bruder noch atmet,
kann seine Blutung nicht stillen -

Bin der einzige Sohn meiner Mutter

Qualen, wilkommen in
Qualen, mitten in
Qualen, kannst du sie riechen, die
Qualen, kannst du ihn schmecken, den
Schmerz, keine Befreiung von
Schmerz, geistlicher
Schmerz, kannst du ihn ertragen, den
Schmerz

Siehe, die Zerstörung,
Erblicke die Vernichtung
Das Ende ist nahe.

Was mach ich hier,
warum warte ich noch
auf göttliche Antworten?
Nach einer Vorlage von Jeff Waters, (P) 2001

Donnerstag, 25. Februar 2010

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet

Was wäre unser Leben
Ohne über andere zu urteilen?

Müßten wir uns dann selbst
Genauer betrachten?
Nach einer Vorlage von Chuck Schuldiner, (P) 1995

Mittwoch, 24. Februar 2010

Gefangen

Draußen warte der Tod, heißt es,
Tatsächlich kommt er von innen,
Lebt von unseren Ängsten,
schleicht sich von hinten an.

Verschlossen die Tür
Die Schlüssel versteckt
Stumme Schreie
ersticken Hoffnung und Träume

Im alten Trott gefangen
Das System hat versagt
Auf Lügen erbaut

Seit ich weiß
Daß ich allein bin
Eingesperrt
In einem Irrenhaus

Habe ich Leben gefunden
Allen Schatten zum Trotz
Lebe
Habe die Schatten verlassen
Obgleich der nächste schon wartet

Kastrierte Geister werden nie
Die andere Seite erreichen.
Nach zwei Vorlagen von Hansi Kürsch, (P) 1995

Dienstag, 23. Februar 2010

Brutstätte der Versuchung

Ins Leben geworfen
Mit einem tiefen Haßgefühl
Versuchte mich zu ändern,
Aber es blieb mein Schicksal
Supergau für die Welt
Ich werde dir Qualen bereiten!

Geschieden von den Strömen der Erlösung
Tödliche Dosis Mord per Impfung
Unordnung in Auslöschung
Dafür würde ich sterben

Das ist mein Leben
das sind meine Träume
Das meine Versuchung

All diese Sünden,
die ich nicht bereuen würde
Sie sind meine Versuchung

Süchtigmachende Emotionen,
die mich nie enttäuschen,
Sie sind meine Versuchung

Eure schwarzen Seelen
bis in ihren Kern zu erschüttern
Das ist meine Versuchung

Nie hätte ich gedacht,
Der Tag würde kommen
Nie hätte ich gedacht,
Dich sterben zu sehen,
wie du um die Gnade der Erlösung bettelst

Ins Leben geworfen
Mit einem tiefen Haßgefühl
Versuchte mich zu ändern,
Aber es blieb mein Schicksal
Supergau für die Gesellschaft
Ich werde ihr Qualen bereiten!

Brutstätte der Versuchung!
Vergiftet hinein
In die Brutstätte der Versuchung
Wir alle sterben
In der Brutstätte der Versuchung
Nach einer Vorlage von Maurizio Iacono, (P) 2006

Montag, 22. Februar 2010

Atme und herrsche

Mein Weg, mein Stolz
Fürchte mein Leben
Hab die Grenze erreicht
Durchbrich mein Schweigen

Ein aufs andere Mal
Zweifle ich mir selbst
Meine Seele verdunkelt
Von Ängsten erstickt

Kein Raum zu bewegen
Verurteilt zu sterben
Spüre nichts
Mache mich frei

Nichts in der Welt
Kann diesen Hunger besiegen
Durst, der in mir wächst
Bestimmt meinen Willen

Atme in mir
Beherrsche mich
Atme in mir
Deine Macht befreit
Nach einer Vorlage von Maurizio Iacono, (P) 2008

Freitag, 19. Februar 2010

Morgensterne

Alltäglicher Schaden,
jahrhundertelang,
ihr mordet und hurt,
beschwört eure Götzen,
verderbt eure Seelen im Kern.

Ich kann für euch sein,
was immer ihr wollt...
Verschaffe euch Macht,
bin die Waffe der Wahl,
schlage Armeen von Hunderttausenden Mann

Besiege solch Denken -
Blut wird's gelingen,
Gesundheit zu schaffen,
das Leid zu überwinden.

Keine Zeit zu bedenken,
nähre Haß, zu vernichten,
Zerstör was euch trägt,
rück' voran ohne Gnade.

Schickt mich zur Hölle!
Verkünde dort lauter
die Botschaft der Freiheit,
zerstöre die Ketten der Macht.
Nach einer Vorlage von Maurizio Iacono, (P) 2008

Donnerstag, 18. Februar 2010

Das Tier

Hütet euch vor dem Menschem,
denn er ist die Marionette des Teufels.
Als einziges von Gottes Geschöpfen
tötet er aus Spaß, Lust und Gier.

Die heiligen Schriften
enthüllen die Wahrheit...

Laß es sich nicht verbreiten,
denn es wird deine Heimat zur Wüste machen.
Meide es - treib es zurück in seine Brutstätte,
denn es ist ein Vorbote der Hölle.

Meide es - oder du wirst ihm ähnlich.
Meide es - das Tier Mensch.
Nach einer Vorlage von Michael Amott, (P) 1998

Mittwoch, 17. Februar 2010

Trauerndes Menschenwerk

Erwache in Schweiß,
klare Sicht kehrt zurück,
viel zu schnell pocht das Herz.

Ich sank so tief,
daß die Hölle erschien
als ob Himmel sie wär.

Gefangen in Verlangen
Herrlichkeit verloren.
Ohne mein Erbteil
zu Boden geworfen.

Versuchung.

Kann den Fall nicht ertragen,
kämpf' um mich selbst,
brauche die Heilung,
darf nichts verstecken.

Suche die Kraft,
deine Macht zu brechen,
die Macht, dich zu schlagen,
das Leid zu ertragen!

Greife an
mit Seinem Schwert,
verteidige mich
in himmlischen Licht.

Befreit von dir
zum König berufen,
wohnt Stärke in mir.

Stell' mich dem Kampf,
dem Kampf der Verführung:
Bin nicht mehr Opfer
teuflischer Scharen.

Erhöhung.

Kein fremdes Leben,
kein Opfer des Streits.
Dem Herr meines Lebens
völlig ergeben.

Dein Ruf wird schwächer,
Mein Wille gestärkt.
Mein Unglück gewendet,
Zukunft erblickt.

Kein Schmerz mehr zu spüren,
gleich dem Urbild geschaffen,
meine wahre Berufung erkannt.

Ich lebe mein Leben.

Frei.
Nach einer Vorlage von David Proctor, (P) 2006

Dienstag, 16. Februar 2010

Zeichen und Wunder?

Beim Rumstöbern auf den Seiten des Erzbistums Freiburg bin ich in der Rubrik "Spiritualität" über einen doch verhältnismäßig offensichtlichen Button gestolpert. Das kann man ja schon geradezu als Werbung interpretieren :-) Und dieses Bild ist ja auch nicht gerade ein typisches Liturgiereform-Motiv. Sind die jeck oder hat da jemand die Seite gehackt?!

ROTFL

Radio Vatikan reagierte empört: Auch nach dem Konzil habe man sich an die Regeln der lateinischen Grammatik zu halten.

Montag, 15. Februar 2010

Wie gut, daß ich katholisch bin...

Am Wochenende durfte ich einem protestantischen Gottesdienst beiwohnen. Die Kirche selbst war erstaunlich hübsch. Sie besaß einen barocken Hochaltar (den man nur am Fehlen des Tabernakels als evangelisch erkannte) und eine Art Lettner mit großer Kreuzigungsgruppe (freilich ohne Kreuzaltar). Wie ich später erfahren habe, wurde die Kirche keine hundert Jahre nach der Reformation und unter ästhetischem Einfluß der Gegenreformation gebaut. Etwas böser Kommentar meiner Frau: "Hey, das wär doch 'ne gute Kirche für die außerordentliche Form."

Was dann aber folgte, war aus katholischer Perspektive nicht einmal Liturgie, Gottesdienst gerade noch so in Ansätzen. Die Pfarrerin (da wird der Dominus zur Domina, wie ein Pfarrer mal nach einem Meßvorbereitungstreffen, bei dem eine Frau aus der Gemeinde partout das Evangelium lesen wollte, sagte) zog eine dreiviertelstündige One-Woman-Show ab! Ganz nette, aber total ausufernde Gebete, die ganz offensichtlich mehr an die Gemeinde als an Gott gerichtet waren, wurden lediglich von kurzen Gemeindeliedern unterbrochen (die dafür aber ziemlich klassisch und somit an Gott gerichtet waren), daß es Fürbitten gegeben haben sollte, erfuhr ich auch erst hinterher, als ich einen Ablaufzettel in die Hand bekam, und von Aufstehen zum Gebet hatten die da offensichtlich noch nie was gehört. Lediglich zum Einzug stand man auf (setzte sich aber wieder, nachdem die Pfarrerin im Altarraum angekommen war) und zum Vater unser.

Bei allem Mißbrauch und -verständnis in unserer Kirche: Da habe ich die participatio actuosa richtig schätzen gelernt. Wenigstens "Amen" möchte ich doch noch selbst sagen dürfen. Das hatte eher was von schulischem Frontalunterricht (wozu ja auch die Länge paßte). Über die Möglichkeit der inneren Teilnahme bei völlig unberechenbaren Gebetstexten schweige ich mich mal lieber aus...

Das Beste waren dann aber die Reaktionen der anderen (ganz gewöhnlichen Durchschnitts-) Katholiken, die mit waren: "Wir Katholiken können einfach besser feiern. Da fehlte doch alles, was so einen Gottesdienst ein bißchen feierlich macht." Recht hamse: Da fehlte einfach Liturgie.

Freitag, 12. Februar 2010

Das Erbe der Herrenbrüder

Im Dezember hatte ich mich schonmal ausführlicher mit dem Jakobusbrief beschäftigt, jetzt habe ich mir auch den Judasbrief mal näher angeguckt. Der Brief ist noch abgefahrener als der Jakobusbrief, und die besten Stellen hat die erste Rezeption im 2. Petrusbrief (das ganze 2. Kapitel) praktisch rausgestrichen. Nirgendwo sonst wird so hemmungslos aus den Apokryphen zitiert wie im Judasbrief.

Nun kann man ja auch das durchaus kritisch sehen (was ja der 2. Petrusbrief offenbar tat). Gerade in Verbindung mit dem Jakobusbrief deutet sich mir aber ein anderer Grund an, warum der Judasbrief (wie eben auch der Jakobusbrief) heute konfessionsübergreifend ein Schattendasein fristet: Beide Briefe sind eine Korrektur jeden allzu enthusiastischen "Jesus liebt dich"-Glaubens! Nicht nur bringen sie sehr deutlich das zukünftige Gericht zum Ausdruck, sie betonen vielmehr die Eschatologie in einem Maße, daß es geradezu weh tut. Denn die letzten Dinge haben längst begonnen, die Frevler stehen bereits unter dem Gericht, und wir sind zwar wie das aus Ägypten befreite Volk ein für alle Mal gerettet, doch stehen wir immer noch in der Gefahr, wie die Murrenden in der Wüste durch Unglauben der Vernichtung anheim zu fallen.

Klar, daß das der Moderne ganz und gar nicht gefiel und sie folglich mit diesen Briefen nicht viel anfangen konnte. Aber genau das ist ihr blinder Fleck, der durch die Herrenbrüder zu Recht in Frage gestellt und hoffentlich baldigst durch die Postmoderne korrigiert wird.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Ach nööö

Was zum Henker ist denn bitte der Sinn von Fasching/Karneval?! Also ich kann auch ohne Anlaß die Sau rauslassen und mich hemmungslos besaufen. (Und es ist erst Donnerstag...)

Mittwoch, 10. Februar 2010

Es geht doch aufwärts!

Ich will Schwefelpredigten und Drohungen von Fegefeuer und ewiger Verdammnis. Ich will eine Kirche, die ihre Mitglieder über den schmalen Pfad des Lebens peitscht und unmißverständlich darlegt, dass der Rest der Welt der ewigen Finsternis entgegengeht.
Über diese (und weitere) Sätze über eine "Toleranztheologie, bei der die Grenze zwischen Recht und Unrecht verschwimmt" aus Anne Holts Krimi "Ein norwegische Gast" werden an einem Ort zitiert, an dem man sowas ganz sicher nicht erwartet hätte: der "Christ in der Gegenwart" vom 31.01.2010.

Thomas Meurer kommentiert zunächst in einer Art "captatio benevolentiae", jeder Leser dieser Zeilen würde wohl zunächst "schlucken müssen, weil er eine solche Theologie und ein solches Kirchenbild einer eher unheilvollen Vergangenheit zuschreibt". Und natürlich sei zu berücksichtigen, daß es sich ja nur um die Aussagen einer Romanfigur handelt.

Dann aber holt er aus: Könne es nicht sein, daß die Autorin hier die gegenwärtige Theologie daran erinnere, daß es auch Menschen gibt, die einer "alle und alles verstehenden Umarmung eher kritisch gegenüberstehen"? Die eine "leidenschaftliche, entschiedene und auch bewertende kirchliche Verkündigung wünschen"? Es könne schon sein, so schließt er, daß "von der Kirche genau das erwartet wird, was sie sich manchmal am wenigsten traut".

Daß ich so etwas in CiG lesen darf, verstärkt meinen Eindruck, daß es mit der Theologie langsam wieder bergauf geht. Als ich die Zeitschrift damals im Studium mal im Probeabo hatte, war mir schon nach zwei Ausgaben klar, daß ich das einfach nicht ertrage - auch auf die Gefahr hin, "dumm" zu sterben (oder eben Außenseiter zu sein). Wenn aber sogar dort schon Zweifel am blind-anbiedernden Kurs geäußert werden kann, bleibt eigentlich nur noch Publik-Forum als zu schleifende Bastion. ;-)

Nachtrag auf besonderen Wunsch Elsas: Der Artikel heißt "Ich will nicht umarmt werden" und steht auf Seite 51.

Dienstag, 9. Februar 2010

Sachen gibt's!

Da stellt sich ein (reformierter) Pfarrer auf die Kanzel und verkündet: Gott gibt es nicht. Darüber würde ich mich ja gar nicht mehr wundern. Bei manch einem katholischen Pfarrer würde mich so eine Predigt auch nicht überraschen, aber der könnte sich dann wenigstens auf die Reaktion seiner Kirchenleitung verlassen - der Reformierte nicht:

Nach Beschwerden aus der Gemeinde fingen die Vorgesetzten allen Ernstes an zu diskutieren und kamen zu dem absurden Urteil, daß diese Predigt die Grundlagen der Kirche nicht in Frage stelle. Vielmehr gehöre diese Auffassung zur theologischen Debatte. Worüber sich besagter Pfarrer nun seinerseits wundert:
Natürlich greife ich mit meiner Meinung und mit meinem Buch die Fundamente der Kirche an und stelle sie in Frage. Wenn ich trotzdem in der Kirche bleiben darf und meine Ansichten toleriert werden, dann taugen die Fundamente dieser Kirche nicht.
Und als ob das nicht schon alles absurd genug wäre, läßt sich die Kirchenleitung auch noch zum unvermeidlichen, aber hier politisch voll kraas korrekten Nazi-Vergleich hinreißen (erfüllt das eigentlich auch Godwin's Law?): "Der Nationalsozialismus hat die Fundamente der Kirche angetastet. Ein Pfarrer konnte und durfte kein Nazi sein. Das war und ist unvereinbar mit unserem Glauben."

Daß sich darüber ausgerechnet die linksliberale Frankfuter Rundschau wundert, ist da nur noch eine Fußnote. Sachen gibt's!

Montag, 8. Februar 2010

Geile Sache...

Natürlich ist sexueller Mißbrauch eine riesen Schweinerei und für die Betroffenen ein große Belastung. Aber warum müssen sich eigentlich alle an den Mißbräuchen aufgeilen?

Freitag, 5. Februar 2010

Destruktionstheologie?

Eigentlich hatte ich in Anknüpfung an das Posting über das Häßliche und Obszöne an eine kleine Hommage an H.R. Giger (u.a. der künstlerische Vater des Alien) gedacht, der just heute 70 wird. Allerdings war ich mir dann doch nicht sicher, ob ich selbst die jugendfreien Bildern allen meinen Lesern unvorbereitet zumuten kann... ;-P

Darum also doch ein Posting zu einem Artikel, über den ich mich heute geärgert habe (Wolfgang Pauly, Mission - Inkulturation - reziproke Interkulturation. Aspekte zur Begegnung zwischen Christentum und anderen Kulturen, in Orientierung 73, 2009, 123-125):

Uargh! Wie soll das mit der Inkulturation denn funktionieren, wenn sie offenbar bedeutet, möglichst viel über Rom und europäische Theologie zu schimpfen - obwohl man sie offenbar gar nicht verstanden hat?! Dient "Inkulturationstheologie" nur dazu, das eigene Unwissen zu kaschieren?

Das "Prinzip der Relationalität" (in der pseudo-südamerikanischen "andinen Philosophie", die sich natürlich ein in Südamerika lebender Europäer ausgedacht hat, natürlich in Anknüpfung an das Denken der Indios; ist wohl nur zufällig total modern) paßt so wunderbar zur mittelalterlichen Metaphysik, daß es geradezu ein Irrsinn ist, wenn als Fazit Gott nicht mehr als "das Absolute" anerkannt werden kann, weil das bedeutete, daß Gott aus aller Relationalität herausfalle und folglich nicht das volle Sein, sondern Nichts sei. Daß die aristotelische Metaphysik bezüglich der Eigenschaft Relation (Beziehung) so ihre Schwächen hat, d'accord. Aber kein geringerer als Thomas von Aquin selbst baute seine Trinitätstheologie genau auf der nun als wesensbestimmend verstandenen Relation auf, die nach Aristoteles die schwächste aller Akzidenzien ist!

Und so hat Thomas die Relation dermaßen aufgewertet, daß sie mit der "andinen Philosophie" locker flockig kompatibel wäre - wenn man denn nur wollte und Gott Gott sein ließe: Denn als der Absolute - und der damit tatsächlich aus der dieser Welt immanenten Relationalität Herausfallende - ist Gott gerade Grundlage und Möglichkeitsbedingung von Beziehung, Relationalität! Man müßte ihn dann halt nur als Schöpfer und die Beziehung zu ihm als eine besondere, nicht gleichberechtigte, sondern asymmetrische anerkennen.

Vielleicht sollte man da mal mit Theologie und nicht mit (meist auch noch idealistischer) Philosophie rangehen. Dann klappt's womöglich auch mit der Inkulturation. Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß das gar nicht gewollt ist, daß die "Inkultutrationstheologie" aktiv an der Destruktion einer bestimmten kulturellen Ausprägung des Christentums, nämlich der römischen, gearbeitet wird. Was sollte sonst etwa der (selbst im Kontext von Inkulturationstheologie) völlige Quatsch, Inkulturationsergebnisse von sonstwo nach Europa, also einen ganz anderen kulturellen Raum, importieren zu wollen? Statt dem verdammten Eurozentrismus jetzt also Eurorelativismus...

Nachtrag: Wenn sich sogar die Kritik an "auf die konkreten Wünsche für ein gelingendes diesseitiges Leben" ausgerichteten neuen religiösen Bewegungen in Japan einzig und allein auf "die Nähe mancher Gruppe zu ultrakonservativen politischen Bewegungen und deren meist unhinterfragtes Autoritätsverständnis" (S. 124) beschränkt, fällt mir zu dieser Theologie- und Transzendenz-, ja Gottesvergessenheit echt nichts mehr ein - außer: Wo ist hier eigentlich die geforderte vorurteilsfreie Offenheit gegenüber einer fremden Kultur?

Donnerstag, 4. Februar 2010

The Joke Is on You...

Vor ein paar Tagen hat Elsa eine kathweb.at-Meldung aufgegriffen, nach der Pater von Gemmingen, 27 Jahre lang Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, in einem Beitrag in der Herderkorrespondenz die vatikanische Medienarbeit kritisiere - was natürlich in dieser Form auf ihn selbst zurückfiele, wie Elsa zu Recht andeutet.

Der eigentliche Witz an dieser kathweb.at-Meldung ist, daß sie genau das tut, was Pater von Gemmingen in der HK kritisiert: Die Medien drehen jedem Katholiken das Wort im Munde um.
Als ich in einer Sendung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) die Frage beantwortete hatte, ob der Papst nach dem Williamson-Debakel zurücktreten könnte, schrieb eine Agentur "Gemmingen spekuliert über Papstrücktritt." Diese Schlagzeile war völlig falsch, denn ich hatte eindeutig gesagt, der Papst werde wegen Williamson nicht zurücktreten.
Genau so funktioniert auch die kathweb.at-Meldung: Was die Nebenschauplätze angeht, kritisiert der Pater eigentlich die deutsche Öffentlichkeit, die sich an solchen Themen aufgeilt, was die "Unprofessionalität" der vatikanischen Öffentlichkeitsarbeit angeht, kritisiert er die Gesetze der heutigen Medienwelt, die immer oberflächlicher werde und natürlich nur schlechte Nachrichten bringe. So schreibt er etwa über die Kondomgeschichte auf der Afrikareise, daß jeder halbwegs gebildete Afrikaner über die Europäer nur den Kopf schütteln konnte, daß sich die nicht für die wichtigeren Themen interessierten, die der Papst in Afrika sehr treffend benannt hätte. Des weiteren stellt er sich vor Benedikt, der es im Schatten des mediengewandten Johannes Paul II. nicht leicht habe:
Die Welt will Bilder und Events, will Oberflächlichkeiten und Schlagworte. Er [JoPa] hat dieses Bedürfnis auch bedient. [...] Er war ein "Papst zum Sehen". Benedikt ist ein "Papst zum Hören". Aber wer kann heute schon zuhören?
Erst auf der letzten halben Seite kommt er zum vorher mehrfach schon angedeuteten Anliegen, an der vatikanischen Pressearbeit etwas zu ändern - weil das eher möglich sei, als die gesellschaftlichen Realitäten und die Funktionsweise der Medienwelt. In diesem Kontext steht dann auch erst die Forderung nach einer eigentlichen Medienpolitik. Das klingt allerdings sehr viel harmloser, sachlicher und differenzierter, als wenn man das aus dem Zusammenhang reißt und so indirekt dem Vatikan (und nicht der deutschen Öffentlichkeit) die Schuld an den "Nebenkriegsschauplätzen" gibt.

Dabei schreibt er auch ganz deutlich, daß die Kirche sich keineswegs einfach anpassen dürfe, es gäbe nuneinmal eine Differenz zwischen Evangelium und Welt. (Und, das sei einmal von mir angemerkt, vielleicht will sich die Welt auch einfach bloß darum drücken, sich mit dieser Differenz auseinanderzusetzen.) In diesem Kontext beschreibt er auch den Relativismus als Grundproblem vatikanischer Öffentlichkeitsarbeit: Die Kirche muß verkündigen, muß ihre Wahrheit verkünden, aber die Welt ist skeptisch gegenüber jeglichem Wahrheitsanspruch. "Zwei Welten stoßen aufeinander" lautet eine Zwischenüberschrift.

Er meint jedoch, daß der Vatikan durch ein paar kleine Änderungen und etwas mehr Koordination seiner vatikanischen Medienarbeit, die öffentliche Meinung durchaus stärker beeinflussen könnte als durch eigene Zeitungen, Radios und Internetseiten. Denn diese seien gerade wegen ihres Urheber kaum meinungsbildend, und daran könne der Vatikan auch nichts ändern (s. o.: Evangelium und Welt). Den größten Impact hätten vielmehr die Meldungen der Nachrichtenagenturen, und hier müßte der Vatikan mit seiner Beeinflussung anfangen.

Damit habe ich schon einen Begriff gebraucht, den der Pater nicht verwendet: Beeinflussung. Denn genau darauf laufen doch die genannten "Mediengesetze" hinaus: Manipulation. Wollen wir das wirklich? Manipulation anstelle der Kraft des besseren Argumentes? Pater von Gemmingen deutet meiner Meinung nach die Antwort am Ende selbst an:
Die hoch interessante Auseinandersetzung zwischen Evangelium und moderner Welt muss ins Zentrum der Medienarbeit. Dafür wäre der Theologe Joseph Ratzinger auf dem Petrusstuhl eigentlich die richtige Person. Was er braucht, sind kreative Mitdenker.
In dieser Auseinandersetzung wird die Kirche keine Sonne sehen, wenn sie sich auf die Regeln der Welt einläßt. (Just my 2 Cents.)

Mittwoch, 3. Februar 2010

Propter nostram salutem

Nach dem sehr lesenswerten Interview mit Weihbischof Dr. Hauke vom Dezember schockierte mich die Herderkorrespondenz in der Februarausgabe nun mit einem Artikel von Prof. Dr. Hubert Frankemölle. Da steht doch allen Ernstes drin:
Konkreter Anlass war die neugefasste Karfreitagsfürbitte "Für die Juden" für den außerordentlichen Ritus, eigenhändig verfasst von Benedikt XVI., veröffentlicht am 4. Februar 2008. Darauf erhob sich bei Juden und Christen, Katholiken nicht ausgenommen, internationale Kritik, die im Februar/März in Empörung umschlug. Man gewann den Eindruck, dass nach dieser Textform Juden nur durch Jesus Christus zum Heil gelangen könnten. Jedenfalls war es für Juden schwer, die Fürbitte anders zu interpretieren, selbst wenn sie eschatologisch, das heißt auf die Zeit am Ende der Welt hin gelesen werde.
Nun kann ich das sehr gut nachvollziehen, daß man diese Textform gar nicht anders verstehen kann, denn an Christus vorbei kann keiner gerettet werden. Was mich daran schockiert, ist weniger die Auffassung an sich, es gebe einen Extraheilsweg für die Juden, als vielmehr daß ein katholischer Neutestamentler in der Herderkorrespondenz etwas schreiben kann, das mehr als nur suggeriert, daß er diese Auffassung teilt - und das, nachdem die deutschen Bischöfe in seltener Deutlichkeit genau diese Auffassung zurückgewiesen haben.

Wie soll das ausgerechnet bei den Juden denn funktionieren? Selbst wenn man voraussetzte, daß es auch Heil an Christus vorbei geben könnte - was bliebe denn vom Christentum übrig, wenn ausgerechnet diejenigen, zu denen Christus gesandt war, ohne Ihn gerettet werden können?! Warum hätte sich Paulus vor Damaskus bekehren sollen?! Warum hätte er zuvor überhaupt die Christen verfolgen sollen, wenn Christus und das Christentum für ihn als Juden völlig irrelevant gewesen wäre?!

Und mal 'ne ganz blöde Frage nebenbei: Selbst wenn es wohl nicht ausdrücklich dogmatisiert ist - ist "ohne Christus kein Heil" nicht de fide? ...propter nos homines et propter nostram salutem descendit de caelis... Ich mein ja nur.

Dienstag, 2. Februar 2010

Crash! Boom! Bang!

Da ist es mir doch tatsächlich passiert, in eine Messe zu geraten, in der der Priester glatt die Statio "vergessen" hat. Ob er sie jetzt wirklich vergessen oder bewußt weggelassen hat, sei mal dahingestellt, ich tendiere eher zu tatsächlich vergessen, da er anfangs etwas verwirrt wirkte.

"Der Herr sei mit euch."
"Und mit deinem Geiste."
"Laßt uns bekennen, daß wir gesündigt haben."

Rummmmmms! Wer (wie ich) bis dahin noch nicht ganz angekommen war (bin erst kurz vor knapp gekommen), bekam gleich die volle Breitseite ab. In der Erwartung einer irgendwie frommen, mehr oder weniger geistreichen tagesaktuellen Einlullung fühlte sich das echt an wie eine gut gezielte Rechte. Paff! Erst zur Lesung hatte ich mich wieder halbwegs gefangen.

So ist mir schmerzhaft bewußt geworden, wie wichtig es ist, rechtzeitig vor der Messe dazusein und anzukommen, erst die alltäglichen Sorgen und Belastungen loszuwerden, bevor die Messe beginnt. Die forma ordinaria kennt halt keinen Psalm "Judica".

Allerdings weiß ich gar nicht mehr so richtig, ob ich mir den jetzt noch wirklich wiederhaben will. Sicher, die Kombination aus "Schaffe mir Recht..." und "Ich bekenne...", dieser Ausdruck der doppelten Erfahrung des Bösen, nämlich als Opfer und als Täter, hat was, und die einseitige Betonung nur des Täterseins, die man auch so schnell wie möglich hinter sich bringen will (es gibt Liturgiewissenschaftler, die den Bußakt viel zu lang und unpassend finden, ihn am liebsten ganz streichen würden), habe ich immer für etwas scheinheilig gehalten. Ohne Statio aber hat das Confiteor (bzw. schon die Aufforderung dazu) eine unheimlich Eindringlichkeit.

Wenn ich dadurch eins gelernt habe: Bloß nicht kurz vor knapp kommen.

Montag, 1. Februar 2010

"Angstfrei mit der Kirche umgehen"

Nachtrag zur Lebenswende:

Kernargument dafür, daß in der Lebenswendefeier recht wenig von christlichen Kernwahrheiten die Rede ist, war ja, daß der Zielgruppe überhaupt erstmal die Grundlagen für diese Wahrheiten, nämlich die Denkmöglichkeit von Transzendenz, nähergebracht werden muß. Jetzt bin ich über ein Interview mit Weihbischof Dr. Hauke in der Herder-Korrespondenz 12/2009 (610-615) gestolpert, das das indirekt aus seinem Munde bestätigt:
Wie soll man draußen erzählen, was einem selbst wichtig ist? Man weiß das zwar alles schon, rein theoretisch. Dies aber zu formulieren ist äußerst schwierig, erst recht gegenüber Menschen, die keinerlei oder kaum Kenntnis vom christlichen Glauben besitzen. In der öffentlichen Verkündigung müssen wir so immer wieder verinnerlichen, dass wir es mit Menschen zu tun haben können, die keinen religiösen Hintergrund haben. Wir können deshalb nicht ohne weiteres beispielsweise von Gnade, Sühne, Barmherzigkeit reden; das wird im außerkirchlichen Bereich kaum verstanden.

[...]

Vor allem im Umgang mit erwachsenen Taufbewerbern spüre ich immer wieder, wie ich um Worte ringe. In der gemeinsamen Bibellektüre mit den Taufbewerbern versuche ich dann zuerst den Horizont zu weiten auf ein geschichtliches Denken, auf dieses sinn-deutende Denken der Bibel hin.Wir dürfen dabei aber nicht nur die Schwierigkeiten sehen. Durch dieses Herausgefordertsein in einem nichtreligiösen Umfeld klärt sich auch vieles für uns Christen selbst, was den eigenen Glauben angeht.

[...]

Der Religionsunterricht ist eine große Chance, Menschen mit dem Glauben bekannt zu machen, freilich zunächst auf der Informationsebene. Wir müssen erklären, was Christen glauben, was ihr Leben sinnvoll macht. Wir sagen den Schülern zuallererst, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Glauben zu beschäftigen, um in einer christlich geprägten Kultur zurechtzukommen. [...] Natürlich aber müssen wir auch damit rechnen, dass viele das lediglich zur Kenntnis nehmen, es sie dann aber nicht weiter berührt. Bei manchen aber entsteht daraus die Frage nach dem Sinn des Ganzen.

[...]

Wenn ich diese [missionarischen] Projekte vorstelle, betone ich zunächst immer, dass sich, was in Erfurt beispielsweise möglich ist, nicht überall eins zu eins übersetzen lässt. Entscheidend ist, dass wir lernen, quasi von außen zu schauen, was Kirche tut. Das ist sehr heilsam.Wir müssen uns doch beispielsweise immer wieder fragen, mit welchen Worten wir formulieren, was uns wichtig ist. Oder gucken wir uns doch beispielsweise einmal die Schaukästen unserer Gemeinden an. Was findet dort jemand, der bislang keinen Kontakt zur Kirche hat und wissen möchte, was katholische Kirche eigentlich ist? Wir müssen uns viel öfter noch von außen anschauen und fragen, ob wir wirklich verständlich sind. Schreiben wir doch in Schaukästen und auf die Gemeinde-Homepage, was Fronleichnam oder Pfingsten für uns bedeutet!

Das Interview ist übrigens auch darüber hinaus durchaus lesenswert, da geht's auch um andere missionarische Projekte (übrigens sogar das Kolumbarium! - deshalb geht es allerdings gerade nicht um die Frage der Feuerbestattung) und deren Hintergründe. Nett war etwa:
In dem "Buch der Anliegen" im Dom stand jüngst: "Gott ich glaube nicht an Dich, aber pass’ auf meine Oma auf, die jetzt im Himmel bei Dir ist." Natürlich lässt sich sagen, dass das widersprüchlich ist: Ich habe die Sehnsucht nach Geborgenheit, aber ich habe auch Angst vor der Konsequenz, dass, wenn ich mich öffne und sage, es gibt einen Gott, ich mich ja auch ein bisschen um diesen Gott kümmern muss. Wir als Kirche sollten uns aber immer fragen, wie hoch unsere Schwellen sind, und ob es uns gelingt, den Menschen zu zeigen, dass sie etwas gewinnen können und nicht nur, dass sie etwas verloren haben.
Und dann gibt's noch zwei volle Breitseiten:
Ich erlebe derzeit viel zu viel Verlustangst in der Kirche und die Angst, sich auf Neues einzustellen. Es herrscht ein Geist der Besitzstandswahrung. Dabei merkt man, dass es nicht weiter geht wie bisher, Gesellschaft und Kirche verändern sich so schnell. Die Kirche in Deutschland erlebt einen echten Umbruch und vielleicht sind wir in den neuen Ländern in diesem Prozess schon etwas weiter. Wir Christen sind herausgefordert, neu zu denken und das Wertvolle unseres Glaubens neu zu sehen. Es ist keine Katastrophe, man kann auch in der Diaspora als Christ leben. Kirche kann auch in dieser Situation existieren, uns droht nicht der Super-GAU. Das zu akzeptieren und zu verstehen ist entscheidend, damit wir uns nicht lähmen lassen. Die Anfrage eines Menschen von außen, der mich ganz unvorbelastet nach der Kernaussage des Christentums fragt, darf mich nicht in Empörung verstummen lassen. Ich brauche keine Angst zu haben vor den Fragen der Menschen.

[...]

In zehn oder zwölf Jahren werden wir keine Pfarrer mehr an jedem Ort haben, auch dort nicht mehr, wo heute noch welche sind. Wir müssen also die Gemeinden langsam wieder damit konfrontieren, dass der Hirt der Gemeinde Christus selbst ist. Christus leitet die Gemeinde. Ich wage zu sagen: Dass Christus das Zentrum der Gemeinde ist und nicht der Pfarrer, das haben die Gemeinden und auch viele Pfarrer selbst viel zu sehr verdrängt.